Bild für Beitrag: Starke Stimmen kommen auch zu uns | 35. Festival International de Jazz de Montréal
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Starke Stimmen kommen auch zu uns

35. Festival International de Jazz de Montréal

Montreal, 06.07.2014
TEXT: Christoph Giese | 

Cassandra Wilson blickt zurück. Auf ihr wohl erfolgreichstes Album bislang. Ihr erstes damals für das renommierte Blue Note-Label. 1993 erschien es: "Blue Light ´Til Dawn". Ein Meisterwerk, produziert von Craig Street, der für diese Platte erstmals mit der Jazzdiva zusammenarbeitete. Im schicken Théâtre Maisonneuve, im Herzen des Festivalgeländes des "Festival International de Jazz de Montréal", singt die Amerikanerin nun am Eröffnungsabend der 35. Ausgabe des weltgrößten Jazzevents etliche Stücke aus diesem Album.

Und schafft Gänsehautatmosphäre nicht nur mit ihrer Interpretation des Jazzklassikers "You Don´t Know What Love Is", sondern erntet bei den Kanadiern auch besonders viel Applaus mit ihrer ebenfalls unter die Haut gehenden Interpretation von "Black Crow" der kanadischen Musikern Joni Mitchell.

Noch eine Sängerin, die in Montréal überzeugen konnte, war Cécile McLorin Salvant. Die junge Amerikanerin mit familiären Wurzeln in Haiti, Frankreich und Guadeloupe erinnert beim Singen schon ein wenig an vergangene Jazzdiven wie Sarah Vaughan oder Billie Holiday, was auch am Repertoire liegt mit zum Teil uralten Songs. Sie macht mit ihrer reif klingenden Stimme aber nie den Fehler, diese und andere Sängerinnen kopieren zu wollen, sondern schafft es glänzend, nach früher und gleichzeitig auch frisch und zeitlos zu klingen.

Zwei Pianotrios verzauberten in Montréal. Der Dreier des Israeli Shai Maestro, der in der Band seines Landsmannes und Bassisten Avishai Cohen bekannt wurde, verwöhnte mit einer stets offen gehaltenen Musik. Mit Drummer Ziv Ravitz und dem peruanischen Bassisten Jorge Roeder führte der Pianist herrliche Dialoge zwischen packendem Jazz, klassischen Strukturen und folkloristischen Motiven. Auch Danilo Pérez aus Panama brillierte zusammen mit Bassist John Patitucci und Brian Blade. Mit den beiden bildet der Pianist ja schon seit Jahren die feste Band des Saxofonisten Wayne Shorter. Ohne ihren berühmten Kollegen spielen diese drei eine ebenso aufregende, mitunter herrlich verschachtelte und wie bei Shorter sehr offene Musik, die wie bei Shai Maestro einen Bogen schlug vom Jazz hin zu Klassik und Folklore, in diesem Fall der von Panamerika. Pérez, Patitucci und Blade, das sind drei Brüder im Geiste, die in endlos langen Stücken traumwandlerisch miteinander agieren. Magisches von drei Magiern.

Ein Hauch von Magie

Einen Hauch von Magie verbreitete auch der Auftritt von Concha Buika. Wie stürmisch die afrospanische Flamenco-Sängerin vom Publikum empfangen wurde. Und wie sie in Montréal den Flamenco mit anderen Stilen vermischte und dann mit ihrer dunklen, heiser-rauen Stimme sang. Voller Inbrunst, mitunter mit unfassbarem Energielevel und die Seele dabei immer ganz nach außen gekehrt. Mitreißend.

José James zeigte sich in Montréal im coolen Club Soda dagegen als großer Meister der Vielseitigkeit. Rasanter Sprechsingsang zu funkensprühender Musik seiner großartigen Deep Funk-Band mit Tastenmann Kris Bowers, Soul, R&B und Jazz wunderbar miteinander verquickt, akustisches Singer-Songwriting und Ausflüge in erstaunlich rockige Gefilde, wie auch auf seinem nagelneuen Album "While You Were Sleeping" (Blue Note/Universal) zu hören, prägten einen rundum gelungenen Auftritts des New Yorkers Sängers, einem der spannendsten Vokalisten der aktuellen Musikszene.
Zwei Millionen Besucher aus aller Welt lockt das elftägige Festival jährlich in Kanadas zweitgrößte Stadt. Sicher auch ein Grund sind die unzähligen Open Air-Gratiskonzerte auf dem ein Quadratkilometer großen Festivalgelände im Herzen von Montréal. Selbst eine Diana Krall spielte in diesem Jahr umsonst und draußen. Und an die Besucher von morgen wird auch gedacht. Eine "kleine Jazzschule" mit Musik in spaßiger Art dargeboten lockte allmorgendlich Hunderte von Kindern in ein großes Shoppingcenter.

Live-Tipps:
15.07.: José James, Luxor, Köln
25.10.: Buika, Philharmonie, Essen
26.11.: Cassandra Wilson, Tonhalle, Düsseldorf
28.11.: Cassandra Wilson, Konzerthaus Dortmund
20.03.15: Cécile McLorin Salvant, Philharmonie, Essen

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