Souveräner, melodischer Gestalter
Ravi Coltrane in Essen
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Christoph Giese
Keine zwei Jahre war er auf dieser Erde, da starb sein berühmter Vater. Als Sohn auch noch das gleiche Instrument zu spielen wie die Jazzlegende John Coltrane, hat die Sache für Ravi Coltrane sicher nicht leichter gemacht. Aber der inzwischen auch schon 47-Jährige hat sich längst als eigenständiger Musiker etabliert und einen wohlklingenden Namen geschaffen. Das ließ sich nun beim Abschlusskonzert seiner kleinen Europatour mit seinem „New Quartet“ im Essener Grillo-Theater nachhören.
Und diese drei Jungs an seiner Seite hatten es in sich. Der kubanische Pianist David Virelles, der sich als überaus geschmackvoller Ästhet am Konzertflügel entpuppte, der über die Themen der Songs fantasievoll improvisierte und dabei immer auch rhythmisch die Musik am Köcheln hielt, war schon ein Genuss. Aber wie sich Dezron Douglas am Kontrabass und Drummer Johnathan Blake als fiebrig-nervöses Gespann gegenseitig die Rhythmen um die Ohren spielten und wie der beleibte Schlagzeuger dabei nie seinen konstanten, quirligen Fluss an sich überlagernden Pulsschlägen außer acht ließ, das war feinste Kunst.
Da ließ sich auch der Bandleader nicht lumpen und blies sich als souveräner, melodischer Gestalter und Geschichtenerzähler auf dem Tenorsax durch rasant boppendes Terrain, vertrackte Metren und kühne Rhythmuswechsel. Und wagte sich zwischendurch sogar an „Countdown“, eine der starken und wichtigen Kompositionen seines Vaters. An einem Abend, der mit dem freien Umkreisen von Songthemen an früher denken ließ und der musikalisch ohnehin in der Traditionslinie des modernen afroamerikanischen Jazz stand. Der aber durch seine Spielfreude und seinen Ideenreichtum überaus frisch und zeitgemäß klang.