Sound-Trip der besonderen Art

Klang in eine bestimmte motivische und rhythmische Form bringen und damit den Zuhörer in Schwingungen und Stimmungen versetzen – auf die allgemeine Formel lässt sich das Phänomen beschreiben, das sich Musik nennt. Dem Wiener Experimentalmusiker Dieb 13 alias Dieter Kovacic gelingt dies im Augenblick in der Reihe Soundtrips NRW, die immer wieder für eine Überraschung in der improvisierten Szene sorgt. An den verschiedenen Orten in NRW sorgt der Soundtüftler aktuell in unterschiedlichen Konstellationen für einen klanglichen Rahmen der besonderen Art. Im Bochumer Kunstmuseum tritt er zunächst in einem etwa 20-minütigen Solo auf. Drei Turntables und ein Mischpult und jede Menge Vinyl-Scheiben sind seine Instrumente. Sein Künstlername ist Programm: Das Material, mit dem er arbeitet, ist von anderen Musikern „adaptiert“ und speist sich aus den unterschiedlichsten Quellen – tabu sind vorgefertigte Geräusch-Platten. Als musikalische Elster verfremdet er dies bis zur Unkenntlichkeit, seine Kunst besteht darüber hinaus in der Collage, in der spontanen Mischung der verschiedenen Klangquellen in einer Art Live-Kreation. Wem das vielleicht zunächst als zu „technisch“ vorkommt, wird schnell mit einem Klangabenteuer bedient, bestehend aus modulierten Dauertönen, Geräuschen, gepitchten Tönen, in die sich Wortfetzen und Wörter wie „freedom“ genauso mischen wie Schläge, Kontrabass-Läufe und viel undefiniertes, verfremdetes Tonmaterial. Die im wesentlichen a-rhythmische Collage besteht aus einem wahrhaften Sound-Trip – die Lautzeichen aus der Galaxis erinnern durchaus auch an Musikwelten, deren Rezeptionswirkung am Ende der 1960er Jahre durch gewisse chemische Substanzen verstärkt wurden. Eine Dynamik erreicht der Experimental-DJ vor allem durch die Verdichtung der Töne und durch Lautstärke.

Weiter geht die Reise von Dieb 13 in zwei Sets gemeinsam mit Florian Walter am Altsaxophon und dem „gastgebenden“ Perkussionisten Martin Blume . Der Essener Saxophonist (und Klarinettist) ist in der Region ein umtriebiger Musiker, der sich in vielen Bereichen der experimentellen und improvisierten Musik tummelt. Am Abend in Bochum nutzt er sein Saxophon als Generator für eher „un-saxophonische“ Klänge. Mal mit, mal ohne Mundstück, mal mit Dämpfer bringt er Blasgeräusche jeglicher Art zum Tanzen – und bei dem Akt der körperlichen Klangerzeugung auch sich selbst. Hochspannend entwickelt sich eine dynamische Interaktion, bei der Florian Walter durch seine beiden Mitspieler an den Drums und den Turntables perkussiv-klanglich „eingerahmt“ wird. Martin Blume erweist sich wie immer als Experte für ausgesprochen subtile Perkussion, die sich ganz in den Dienst des gemeinsamen Klang-Erzeugens auf experimentellen Wegen stellt und dabei dynamische und klangliche Akzente setzt.

Verblüfft stellt man als Zuhörer dabei fest, wie nahtlos, ja „natürlich“ sich die Klänge aus den Vinyl-Rillen einfügen in den atmosphärisch immer dichter und dynamischer werdenden Kosmos. In der Zugabe zaubert Florian Walter auf seinem Sax einen dauerhaften Flattersound, der sich mit in einem pulsierenden Rhythmus mit differenzierten Klangfarben mischt. Verstörend schön!

Dieb 13 ist nach Bielefeld, Bochum und Wuppertal in dieser Woche noch in Düsseldorf, Essen, Köln, Duisburg, Bonn und Münster zu erleben. Nähere Informationen auf der Homepage der Reihe Soundtrips NRW.