KINDER DER NELKENREVOLUTION
Cantus Portugueses auf dem Internationalen Düsseldorfer Orgelfestival
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Michael S. Zerban
Die international besetzte Gruppe Cantus Portugueses, die sich dem Fado und seinem Umfeld verschrieben hat, trat auf dem Internationalen Düsseldorfer Orgelfestival, in der ausverkauften Berger Kirche im Herzen der Altstadt auf.
KINDER DER NELKENREVOLUTION IN PORTUGAL
Sons of Revolution, so nannte der portugiesische Fado-Jazz Musiker Júlio Resende sein letztes Album. Dieser Titel mit der Erweiterung auf Daughters passt zum Programm, der in Köln beheimateten Musikgruppe Cantus Portugueses. Einige der Stücke nehmen explizit Bezug auf die Zeit der faschistischen Diktatur unter dem Salazar Regime und auch in den Ansagen bezog sich Henrique Almeida, dem Gründer des Ensembles, immer wieder auf die Nelkenrevolution, die Portugal die Demokratie brachte.
Cantus Portugueses gründete sich 2017 aus Studenten und Studentinnen der Kölner Musikhochschule. Das Repertoire der Gruppe besteht aus der traditionellen Musik der verschiedenen Regionen Portugals, natürlich vor allem Fado, aber nicht nur. Die Musiker*innen griffen die traditionellen Arrangements auf, bearbeiteten sie und ließen andere Elemente, aus dem musikalischen Hintergrund der Ensemblemitglieder mit einfließen. Neben Henrique Almeida an der portugiesischen Gitarre spielte Adriana Rolao Rupnik Gitarre und Maria Portela Larisch sang. Eine Besonderheit in der Besetzung war Carlos Correia an der Trompete, ein Instrument, das nicht zum traditionellen Fado gehört.
Die ersten beiden Stücke wurden von dem Akkordeon- und Bandoneón Virtuosen Marko Kassl begleitet. Kassl hatte das Konzert mit einigen Solostücken eröffnet und mit großer Kunstfertigkeit, eigene Kompositionen, aber auch ein Stück des französischen Bandoneón Meisters Olivier Manoury und einen finnischen Tango gespielt.
Das erste Stück von Cantus Portugueses war ein Fado aus Coimbra, Tenho Barcos, Tenho Remos von José `Zeca` Afonso (1929-1987) geschrieben. Zeca Afonso war der wichtigste Sänger der portugiesischen Opposition. Er konnte während der Diktatur seine Alben nur im Ausland aufnehmen. Sein Lied Grandola Vila Morena war der Startschuß für die Nelkenrevolution. Um Mitternacht wurde dieses verbotene Lied im Radio gespielt und war das Signal für die aufständischen Truppen aus den Kasernen auszurücken. Ein Lied als Signal für eine Revolution ist wohl in der Geschichte einmalig. Danach gab es mit Vuelvo al Sur eine Hommage an Astor Piazolla, den Begründer des Tango Nuevo.
AMALIA RODRIGUES - KÖNIGIN DES FADO
Nach dem Coimbra Fado und dem Tango ging es weiter mit Fado aus Lisabon, Nam ás Paredes Confesso, von der Königin des Fado Amália Rodrigues, die den Fado in die Welt getragen hat und deren Fados auch heute noch die jüngere Generation an Musiker*innen und Sänger*innen prägen. Es war auch Amalia, die Jazz Elemente in den Fado integrierte. Und immer wieder betonte, dass es große Gemeinsamkeiten im musikalischen Herangehen von Fado und Jazz gebe.
Es folgte ein weiteres Stück von Zeco Afonso: Trás Daquela Janela. In diesem Lied werden brutale Gefängniserfahrungen aus der Diktaturzeit behandelt. Maria Portela Larisch die diese Lieder mit ihrer glasklaren Sopranstimme sang, zum Teil mit Bellcanto, hob sie aus dem volkstümlichen Fado in die Ebene der Kunstmusik. Eine große Stimme, aber wer die Stücke von Zeca oder Amalia kennt, musste sich erst an die Opernstimme gewöhnen.
Sehr sparsam, aber wirkungsvoll wurde die Trompete von Carlos Correia eingesetzt. Er spielte meist die Intros, gab die Themen und Motive vor, die dann von Henrique Almeida an der portugiesischen Gitarre und Adriana Rolao Rupnik an der Gitarre brilleant weitergeführt wurden, manchmal spielte Carlos Correia auch die Bridge und/oder setzte noch einen Solo Impuls als Ausklang.
CARLOS PAREDES VERDES ANOS – EINE INOFFIZIELLE NATIONALHYMNE
Nach dem ersten Fado Teil folgten nun im Programm drei Lieder für die portugiesische Gitarre, zwei vom Meister dieses Instrumentes, Carlos Paredes und eins von seinem Vater Artur, ebenfalls ein großer Gitarrist war. Obwohl die Bezeichnung Gitarrist etwas ungenau ist, denn die portugiesische Gitarre ist eigentlich keine Gitarre, sondern eine Kurzhalslaute. Verdes Anos, von Carlos Paredes ist sicher sein bekanntestes Stück und hat in Portugal den Status einer inoffiziellen Nationalhymne. Aber auch seine Bekanntheit rettete Paredes nicht vor dem Gefängnis, da er Kommunist war. Er saß 20 Monate in den Kerkern des Regimes.
Neben den traditionellen Stücken war auch ein moderner Fado von Ana Moura: Como uma Núvem no Céu, im Programm. Ana Moura gehört zu der Generation der Sängerinnen, wie Mariza oder Carminho, die den Fado für Einflüsse aus Jazz, Rock und Weltmusik öffneten ohne seine traditionelle Basis aufzugeben.
Danach gab es weitere Klassiker, ein Wiegenlied von Amália Rodrigues, ein Stück von Zeca Afonso und als letztes Stück noch einen Tango von Astor Piazolla, bei dem auch wieder der großartige Marko Kassl mit von der Partie war.
Cantus Portugueses haben ein wirklich herausragendes Konzert gespielt und dem Publikum unterschiedliche Facetten der traditionellen und modernen Musik Portugals mit instrumentaler Meisterschaft und einer großen Stimme vorgestellt.
Webside von Cantus Portugueses: cantvus.com
Weitere Konzerte des IDO: www.ido-festival.de









