Shai Maestro Quartet
Jazz in der Philharmonie
TEXT: Vera Marzinski | FOTO: Vera Marzinski
Shai Maestro Quartet | Jazz in der Philharmonie
Hochemotionale Musik bescherte Shai Maestro dem Publikum in der Kölner Philharmonie mit seinem Quartett.
Shai Maestro tritt mit dem in Lima geborenen Bassisten Jorge Roeder, dem israelischen Schlagzeuger Ofri Nehemya und dem sensationellen New Yorker Trompeter Philip Dizack auf. Sie bilden das „Shai Maestro Quartet“. Von ihrer gemeinsamen Einspielung „Human“ kam einiges in das Konzert hinein.
So ganz zum Schluss das „The Thief's Dream“. Mit hohen Klavierklängen und einem langsam daherkommenden Trompetenthema wird daraus ein Sturm durch den plötzlich einsetzenden Drummer-Groove. Das bringt eigentlich das gesamte Konzert auf den Punkt. Leise Töne, die unvorhersehbar in ganz andere Tempi und Dimensionen gehen – grandios einerseits durch die Maestro-Improvisationen und andererseits durch das homogene Zusammenspiel des Quartetts. Vom schnellen Groove zu lethargischen Melodien, die sich immer wieder abwechseln und zu einem hinreißenden Ensemble-Finale entwickeln. „Wir spielen kein festgelegtes Programm – wir spielen, was uns gerade einfällt. Und wenn mir danach einfällt, was wir gespielt haben, sage ich es ihnen“, so Shai Maestro mit einem charmant-schelmischen Lächeln schon in der Begrüßung. Es fielen ihm aber danach meist die Stücke ein, die er mit Philip Dizack (Trompete), Jorge Roeder (Kontrabass) und Ofri Nehemya (Schlagzeug) an diesem Abend in der Kölner Philharmonie präsentierte.
Shai Maestro – Jahrgang 1987 - ist einer der talentiertesten Pianisten seiner Generation. Seinen Platz in der Jazzwelt erspielte er sich ab 2006 zunächst in der Band des Bassisten Avishai Cohen, mit dem er weltweit unterwegs war. Im Mai 2011 trennten sich die Wege der beiden in aller Freundschaft – was der Abschlusstrack „One For AC“ auf Maestros Debüt-Trio-Album „Shai Maestro Trio“ aus 2012 bescheinigt. Seit seinem Debüt mit seinem eigenen Trio hat Shai eine starke und einzigartige persönliche Identität geformt und eine unglaubliche musikalische Fluidität dargestellt, die ihn und seine Band zu einer der kraftvollsten und harmonischsten Gruppen der heutigen Musikwelt macht. Mittlerweile hat Shai Maestro fünf Alben aufgenommen. Den Vergleich mit den internationalen Kollegen als Klavier-Bass-Schlagzeug-Kombination hielt er stand, auch wenn gerade diese Konstellation stark vertreten ist. Shai Maestro bildet den dominanten Part mit seinem Klavier, aber die Begleitinstrumente Bass und Schlagzeug haben konsequent eigene pointierte Beiträge – ganz im Prinzip der Gleichrangigkeit.
Zum Trio kam die Trompete zum Gesamtsound hinzu – so entstand das „Shai Maestro Quartet“. Philip Dizack kannte Maestro aus der gemeinsamen Zeit in New York. Das Quartett arrangiert sich mit viel Einfühlungsvermögen und jeder hat seinen Raum. Die Trompete, mal schreiend und mal flüsternd, erlaubt dem Klavier auch mal ganz in den Hintergrund zu treten. Bass und Schlagzeug mussten sich auf ein weiteres Melodieinstrument einstellen, was hervorragend gelingt und eine ganz neue Palette an Klangmöglichkeiten eröffnet. Genau das zelebrierten sie auch in der Kölner Philharmonie. Sie reagieren und agieren und nutzen so alle Möglichkeiten. Da kann auch auf eine Setliste verzichtet werden. Genuß pur.