Sehnsucht auf Kapverdisch
Nancy Vieira in der Bleckkirche
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Christoph Giese
Vor dem Konzert der Reihe „Klangkosmos Weltmusik“ schnappt Bassgitarrist Rolando Semedo noch ein wenig frische Luft vor der Bleckkirche. Und betont bei einer spontanen, lockeren Plauderei noch einmal, wie wichtig doch Cesária Évora gewesen sei als weltweiter Türöffner für die kapverdische Musik und auch für die Musiker des afrikanischen Inselstaates.
Ja, die 2011 verstorbene, bekannteste Sängerin der Kapverden, die Königin der Morna, hat es erst möglich gemacht, dass weitere kapverdische Künstler erfolgreich durch die Welt touren können.
Auch Nancy Vieira hat sich der Morna verschrieben, der eher langsamen, moll-lastigen Musikrichtung der Inseln. Elegant singt sie mit ihrer vollen Stimme bekannte Lieder, aber auch Kompositionen junger Autoren in der Bleckkirche, begleitet von Bassgitarre, Konzertgitarre und der so typisch klingenden Cavaquinho, einem kleinen Zupfinstrument, Vorläufer der hawaiischen Ukulele.
Das alles klingt sehr unaufgeregt, konzertant und verströmt dabei immer eine wunderbare Leichtigkeit und süßliche Melancholie. Vor allem Songs wie „Tristalegria“, mit seinen sehnsüchtigen Erinnerungen.
Längst sind die kapverdischen Inseln touristisch erschlossen. Mit schicken Hotelresorts, die sich auch mit „all inclusive“ buchen lassen. Nancy Vieira ermuntert zwischen zwei Stücken Musik das Gelsenkirchener Publikum jedoch mit Nachdruck, ihre Heimat doch mal mit Neugier auf das wahre Leben hinter der künstlichen Kulisse zu besuchen.
Sie selbst lebt seit vielen Jahren in Portugals Hauptstat Lissabon. Und vielleicht klingt auch deshalb ihre Zugabe „Sodade“, ein wehmütiges Lied aus den 1950ern über die Sehnsucht nach der Heimat, das schon Cesária Évora in ihrem Programm hatte, so sehr vom Herzen kommend.