Rhythmisch versiert
Caspar van Meel Quintett auf Consol
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Christoph Giese
Es ist inzwischen kein Unding, wenn Leute behaupten, Jazz wäre unpolitisch. Ohne Text kein Protest, könnte man meinen. Musiker wie Caspar van Meel denken da anders. Er bastelt aus den Worten eines Sozialkritikers wie Anthony Giddens eine Komposition. „Sequestration of Experience“ heißt sie, frei übersetzt: „Absonderung der Erfahrung“. Giddens beschreibt mit diesem Begriff die Abtrennung von Erfahrungen wie dem Tod, der Krankheit oder der Armut aus dem Alltag der modernen Gesellschaft.
Kurzfristig umbesetzt
Der Bassist und Bandleader
Caspar van Meel
spielt mit seinem Quintett beim Konzert im Keller des Consol Theaters in Gelsenkirchen seine Intonation dieser Idee. Ein Up-Tempo-Stück für die rastlosen Zeiten, reichlich polyphon, weil heute jeder was sagen muss, aber keiner was sehen will. Getragen von zwei herausragend spielenden Bläsern, Max von Einem an der Posaune und Dennis Gäbel am Saxophon.
Dabei musste Dennis Gäbel kurzfristig einspringen, da sich van Meels etatmäßiger Saxophonist, Michel Janssen, im Krankenhaus von einer Nierentransplantation erholte. Dem jungen Gäbel schien das kurzfristige Engagement aber zu zusagen. Er füllte seine Solis mit einer weiten Klangpalette aus und sägte hier und da mit einigen Tönen in den glatten Rhythmus. So auch beim Stück Cardiff, ein vom abwesenden Michel Janssen komponiertes Werk, das man Letzteren zu Ehren spielte.
Swingender Bandleader
Antrieb und Zusammenhalt erfährt das Spiel des jungen Quintetts aber von Casper van Meel. Der Niederländer bewies auch gestern seine Vorliebe für Up-Tempo-Stücke, bei denen er mit seinem Bass fast schon swingt. So rhythmisch versiert ist sein Spiel – und das übertrug sich auf seine Nebenmänner. Van Meels langjähriger Begleiter Mike Roelofs schuf mit seinen Solis am E-Piano (Rhodes) den harmonischen Ausgleich zu der schweren Bläserfront. Dies brachte überwiegend den Eindruck mit sich, man hätte eine moderne Hard-Bob-Band vor sich.
Seit Jahren ist Caspar van Meel , der Sieger des Jazz-Preises Ruhr 2009 (damals mit der Band Trigonon) ein gern gesehener Gast in den Jazz-Clubs des Ruhrgebiets. Mit seinem abermaligen Wechsel zu einem Quintett sollte das auch in Zukunft so bleiben. Ein paar Zuschauer mehr als gestern hätte das Konzert verdient. Vielleicht war der Rest aber noch in den Shopping-Tempeln Geschenke kaufen, ganz befreit von den Sachen, die man nicht sehen möchte.