Reichhaltig ornamentiert
Stanley Jordan im domicil
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Christoph Giese
In den 1980ern war er ein Senkrechtstarter in der Jazzszene. „Touch Sensitive“ oder „Magic Touch“ hießen seine Platten da. Titel, die auf seine besondere Spieltechnik anspielten, denn Stanley Jordan entwickelte das „Touch playing“, bei dem die Gitarrensaiten nicht wie üblich angerissen, sondern wie bei der Klaviertechnik auf dem Griffbrett angeschlagen werden.
In großen US-Talk Shows trat der Mann aus Chicago auf, spielte sogar in einem Film mit Bruce Willis und Kim Basinger mit. Dann wurde es ruhiger um ihn. Und jetzt steht er da, auf der Bühne des Jazzclubs „domicil“, bei seinem einziges Deutschlandauftritt, mit langen Haaren optisch deutlich gegenüber früher verändert, und hat nur seine Gitarre, aber keine weiteren Musiker mitgebracht.
Gitarren-Virtuosität solo. Und genau die erschlägt beim Zuhören auf Dauer doch ein wenig. Ein kleines Orchester meint man zu hören, wenn Stanley Jordan beeindruckende Mehrstimmigkeit auf den Gitarrensaiten erzeugt, gleichzeitig Bassläufe, tänzelnde Melodien und Akkorde zu spielen in der Lage ist.
Auch wenn er sich zwischendurch an den hauseigenen Konzertflügel setzt und gleichzeitig Klavier und Gitarre spielt, sucht man mit den Augen immer nach dem zweiten Musiker auf der Bühne. Aber da ist nur Stanley Jordan, lächelt zwischendurch freundlich und spielt weiter. Musik von Béla Bartók, ein Piano-Konzert von Mozart, Folkloristisches, etwas aus dem Great American Songbook.
Alles wird reichhaltig ornamentiert. Alles klingt edel und fein und technisch auf höchstem Niveau. Alles steckt voller Musikalität. Aber man muss das mit der Virtuosität und der Verspieltheit auf den Gitarrensaiten mögen. Dann konnte man am Dienstagabend im „domicil“ einen wahren Künstler leben, der mit seinem Gitarrenspiel vielleicht sogar auch den derzeit vielen Schnee vor der Türe zum Schmelzen bringen kann.