Quer durch die Genre
Konzerterlebnis der besonderen Art mit HMBC
TEXT: Vera Marzinski | FOTO: Vera Marzinski
Eine Blaskapelle aus Österreich – die erwarteten wohl einige beim Kultursommer in Bielefeld. Der Holstuonarmusigbigbandclub (HMBC) gab sich mit dem ersten Stück auf der Sparrenburg auch sehr volkstümlich im Spätsommerlicht bei angenehmen Temperaturen. Doch schnell wurde auch dem letzten Gast bei dieser Open-Air-Veranstaltung klar, dass auf der Bühne keine jungen Egerländer oder Oberkrainer stehen. Die charismatischen Musiker dieses Cross-Over-Ensembles mischen Volksmusik mit Popballaden, Balkanklänge mit Blasmusik und geben dazu noch eine gehörige Portion Jazz. Auch was die Sprache betrifft, legen HMBC sich nicht fest. Bregenzerwälderisch trifft Englisch, mitunter auch in einer Textzeile. So wie in ihrem „Wild West Coast of Austria“. Da heißt es „ Going by, fühl de high i deam schöano Bergluftidyll. Und chill de down, be Igl und Häsile“. Eine chillige, coole Nummer, bei der man sofort weiß, woher die Jungs kommen. Sie haben ihre Wurzeln ganz offensichtlich nicht aus den Augen verloren. Es geht um Käse, es geht um nette und nicht so nette Menschen, aber im Großen und Ganzen ist es eine geographische Auseinandersetzung.
Dieses Stück stammt von ihrer neusten CD – mittlerweile die fünfte -, die am 5. September in Dornbirn/Österreich veröffentlicht wurde. In Bielefeld durften die Zuhörer schon ein paar Stücke hören bzw. erleben. Denn beim Holstuonarmusigbigbandclub ist es immer wieder spannend, was als nächstes kommt und wer von den fünf Musikern wieder zu einem neuen Instrument greift, singt oder zum Beatboxen übergeht. "Hüt odr moon" ist ebenfalls von der neuen CD „hearad“, mit einem Tuba-Solo, geschrieben von Stefan Bär. Der ist zuständig für Tuba, Tenorhorn, Gesang. Johannes Bär spielt beim HMBC Euphonium (englische Bauart, englischer Sound), Posaune, Bassflügelhorn, F-Tuba, B-Tuba, Helikon, Didgeridoo und Tamburin, beatboxt und singt, ist aber eigentlich ein Trompeter. Die Beiden sind Brüder. Bartholomäus Natter ist ihr Cousin und hat wiederum gemeinsam mit Andreas Broger Kindergarten und Volksschule besucht. Philipp Lingg lernten die vier bei einem Volksmusikseminar für Jugendliche kennen. Es folgten Studien an unterschiedlichen Orten, Johannes Bär und Natter zog es beispielsweise ans Salzburger Mozarteum.
Vor vier Jahren stürmte HMBC die Charts. Nicht nur in Österreich versuchten sich die Fans im Bregenzerwälder Dialekt und johlten begeistert: "Vo Mello bis ge Schoppornou bean I gloufo 'Füaß himmor weh tau". Bei „Inas Nacht“ (NDR) waren sie damit zu Besuch. Und dieser Ohrwurm hat es ihnen ermöglicht, von der Musik zu leben. Ohne „Vo Mello…“ endet kein Konzert. Auch das in Bielefeld nicht. Gerne ver-holstuonarn sie auch englische Hits. Wie der vom „Stachel (Sting), der mit der Polizei (Police) zusammen gespielt hat“. Ihr „Englishman in New York“ wird aber nicht vollständig zu einem „I’m a Österreicher im Deutschen Lande“. Ebenfalls nicht ganz nah am Original, aber von dessen Interpretin als gut befunden, ist das „Über jedes Bacherl geht a Brückerl“. Stefanie Härtel gewann damit den Grandprix der Volksmusik. Und auch ein „Mama Leone“ vom Italiener Bino bekommt eine ganz neue Fassung – mit einem Einwurf von Natter („Strunz was erlauben“), der nicht nur beim Publikum für Lachsalven sorgte. Zudem sind ihre Ansagen zu den Stücken immer wieder reichlich komödiantisch. Insbesondere Bartholomäus Natter ist da herausragend, der aber ebenso sein Instrument grandios beherrscht, was nicht nur beim „Flügelhornzauber“ auffällt.
Diese authentisch-sympathische Band muss man erlebt haben. Sie spielten beim „Woodstock der Blasmusik“ – hier traten auch „LaBrassBanda“ auf - oder beim „Heimatsoundfestival“. Mit auf HMBC-Art gecoverten Stücken und ihren eigenen. Davon dann gibt es auch reichlich auf der neuen CD „hearad“. "Hearad" heißt "herüber" und drückt ein wenig aus, dass sie den Graben von den Anfängen „vo Mello bis ge Schoppornau“ überwunden haben. Das Album reflektiert, was in den letzten Jahren passiert ist. In den neuen Liedern geht es um die Macht Sozialer Medien, Umweltzerstörung oder um Maschendrahtzäune im Tal und in den Köpfen. Der Humor kommt aber nicht zu kurz. Da werden auch die perfekte Nase und Stinkefüße besungen. Und natürlich die Liebe, vor allem jene zur Heimat. Auch wenn drei der Künstler heute in Wien leben: Nach wie vor sind sie verwurzelt in Vorarlberg. Und von da kommt sie dann die „Neue Volksmusik“– ein Mix aus Vorarlberger Volksmusik, gemischt mit HipHop, Reggae und Jazz.