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Viel Freude

Bericht vom Nuejazz 2024

Gelsenkirchen, 29.10.2024
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Helene Schütz

Viel besser hätte das Jahr für das NUEJAZZ kaum laufen können, gewann das ambitionierte Festival doch im Jahr nach dem zehnjährigen Jubiläum nicht nur den Kulturpreis der Stadt Nürnberg sondern gleich auch noch den Deutschen Jazzpreis als „Festival des Jahres“. Okay, eine in den letzten Jahren erhaltende, bedeutende Festivalförderung ist ausgerechnet in diesem so erfolgreichem Jahr weggebrochen, aber davon lassen sich die beiden Festivalgründer und Macher Frank Wuppinger und Marco Kühnl glücklicherweise nicht entmutigen, sondern boten stattdessen auch 2024 ein vielseitiges und spannendes Festivalprogramm an.

Etwa mit dem US-Gitarristen Kurt Rosenwinkel und seinem reaktivierten Projekt „The Next Step“, bei dem in Nürnberg Ben Wendel Saxofon spielte anstelle des etatmäßigen Mark Turner. Ansonsten ist die Besetzung mit Bassist Ben Street und dem famosen Jeff Ballard am Schlagzeug die ursprüngliche. Geblieben ist auch die aufregende Musik des dicht zusammen agierenden Quartetts voller Improvisationskunst und vielfältigen Schattierungen von leiser Poesie bis cool-lässiger und dennoch warm klingender, boppiger Intensität.

Ausdrucksstark und eindringlich

Das Wort Jazz mag er nach eigenem Bekunden gar nicht. Das schrecke viele ab, die meine Hörer sein könnten, sagt Theo Croker. Und hat damit durchaus recht. Denn seine Hörer können eigentlich alle sein. Die Jazzer, auch aber auch die coolen jungen Kids, die sich von dem modernen Soundmix des US-Trompeters und seinem Quartett angezogen fühlen dürften. Von den knalligen Drum-Beats des Schlagzeugers. Oder den ausufernden Läufen auf Fender Rhodes und Keyboard seines auch am Konzertflügel spielenden Pianisten. Und dann natürlich vom lässigen, coolen, aber gleichzeitig intensiven Trompetenspiel Crokers, das mal klar und wie ein Strahl die Sounds der Band durchdringt, mal mit Hall angereichert ganz andere Klangbilder generiert. Zwischen Jazz, Funk, Soul, Fusion, HipHop, Afrofuturismus, Club-Elektronik und einem Schuss Spiritualität und mit gesampelten Stimmen von Jill Scott oder Estelle kreiert Croker in Nürnberg eine furiose, stylische Black American Music mit großer Sogwirkung. Wie anders klang da direkt zuvor das Quartett von Melissa Aldana. Die chilenische Tenorsaxofonistin ist deutlich puristischer im Jazz unterwegs, zeigte beim NUEJAZZ aber ihre ganze Klasse mit selbstkomponierten Akustik-Perlen ohne jegliche Klischees, dafür mit ausdrucksstarkem, eindringlichen Saxofonspiel, hoher Improvisationskunst und einem dichten Sound mit ihrem Trio um den Klase-Pianisten Glenn Zaleski.

Auch Alfa Mist zählt zu den aktuell gehypten Jazzern mit seiner Lounge-Ästhetik, seinem zeitgenössischem Jazz mit Popappeal und HipHop-Beats. Im großen Z-Bau, einer früheren Nazi-Kaserne und für zwei Abende Festivalspielort, lockte der Brite viel Publikum und vor allem viel junges Publikum zu seinem Stehkonzert an. Dabei klingt seine Musik, zumindest live gespielt, ein wenig zu zugänglich, zu wohltemperiert, zu voraushörbar und zu gefällig und so auf Konzertlänge irgendwie dann auch irgendwann ein klein wenig langweilig. Den Gedanken an Langeweile lässt dagegen die holländische Band Gallowstreet gar nicht erst aufkommen mit ihrer tanzbaren Gute Laune-Brass-Powermusik. Sieben Blech- und Holzinstrumente, dazu ein ordentlich Dampf machender Schlagzeuger, mehr brauchen die acht Jungs aus Amsterdam nicht, um sofort Partystimmung zu erzeigen, inklusive Mitsingen der Melodien. Die Stimmung im großen Saal kocht hoch dank der groovigen und schweißtreibenden Musik, die sich stilistisch längst nicht nur beim Jazz bedient und zwischendurch nur mal kurz runtergedimmt wird zur kurzen Beruhigung.

Jazzperfümierte Weltmusik

Auch bei der zweiten Nacht im Z-Bau herrschte eine fröhliche Club- und Partystimmung, was wiederum am Programm lag. DJs wärmen vor, und Senegals legendäres Orchestra Baobab, immerhin schon 1970 gegründet und nach der Auflösung Ende der 1980er Anfang der 2000er mit frischen Gesichtern wiedervereinigt, brachte dann das erneut zahlreiche Publikum rasch zum Tanzen oder animierte es zumindest zu zarten Bewegungen mit karibisch-kubanisch beeinflusster, jazzparfümierter Weltmusik. Ein Sänger, zwei Saxofonisten, zwei E-Gitarristen, Bass und reichlich Schlagwerk erzeugen eine bunte, softe Klangmischung mit repetitiven Rhythmen, zu denen man einfach ganz easy mitschwingen kann. Was sich im Anschluss bei den Briten der neunköpfigen Truppe Nubiyan Twist mit der stimmstarken Sängerin Aziza Kaye und ihren globalen Grooves zwischen Jazz, Funk, HipHop, Afrobeat, Tanzmusik oder Soul nahtlos fortführen ließ.

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