Positive Kollisionen

Zwischen Stefan Bauer und Ansgar Striepens besteht eine langjährige Freundschaft - zusammen mit dem Cologne Contemporary Jazzorchester "kollidieren" im positiven Sinne die musikalischen Welten.

Ansgar Striepens, der Bandleader, welcher jahrzehntelang die WDR-Bigband leitete und der welterfahrene Mallet-Spieler Stefan Bauer waren vor vielen Jahrzehnten, am beiderseitigen zarten Beginn ihrer internationalen Karrieren schon musikalisch und freundschaftlich verbunden.

Im Kölner Stadtgarten gehört (nicht nur) Stefan Bauer die linke Hälfte der Bühne. Rechts ist der große Bläserapparat versammelt, Fügel, Kontrabass und E-Gitarre agieren im Hintergrund. In der Mitte wirkt Schlagzeuger Jens Düppe als steuerndes, die musikalischen Energiefelder synchronisierendes Element.

Und weil das alles so stimmig aufeinander abgestimmt ist, demonstrieren Stefan Bauer und das CCJO, wo Jazz hinkommt, wenn erst mal mutig aufgebrochen worden ist. Ein Mallet-Spieler vor einer Bigband, das will schon etwas heißen in Sachen dynamischer Ausbalancierung. Aber schnell wird klar, dass Stefan Bauers Vibraphon und Marimbaphongenug orchestrale Substanz ausbreiten, um in mächtigen Impulsen und Klangfarben alle Aktionen der Großbesetzung zu beantworten. Zu denen gehören auch zahlreiche Bravourparts der fabelhaften Solisten dieser Truppe, zum Beispiel Matthias Bergmann (Trompete), Andreas Schickentanz (Posaune) oder Kristina Brodersen (Saxofon).

Die Steigerungskurve im Stadtgarten ist immens.

Ansgar Striepens hatte im Luther-Jahr einen Choral zum Jazzthema erkoren - jetzt demonstriert die Nummer "Eine feste Burg ist unser Gott", wie gerade ein „jazz-fremdes“ Sujet umso plastischer die Möglichkeiten von Improvisation und Verwandlung studiert.Vor allem lebt Jazz, wenn es ehrliches zu sagen gibt – und diese Tugend macht Stefan Bauers Kompositionen zu dem, was sie sind. Die Stimmungspalette für die mächtigen Arrangements ist immens, auch wenn die Themen tief schürfen. So manches, was aus ferner Vergangenheit stammt, ist auf beklemmende Weise wieder aktuell geworden: Bauer kommentiert in einer Komposition, wie sich in den 1990ern der Bosnien-Krieg zusammenbraute. Dissonante Klangcollagen spiegeln die ganze Unruhe und Widersprüchlichkeit. Aufgefangen wird dies in spirituellen Melodiebögen, die durchaus ein Gebet sein könnten.

Eine wirklich magische Verbindung zwischen zwei Musikern kristallisiert sich im Stadtgarten immer stärker heraus: Es ist die Übereinkunft zwischen zwei Schlagwerkern, die gleichzeitig auch empfindsame Melodiker sind, die beide mit riesigem Weitblick und intuitivem Vermögen die Kunst des Zuhörens pflegen: Jens Düppe und Stefan Bauer hatten vor diesem Projekt noch nicht zusammen gespielt – ein künftiges Duoprojekt zwischen den beiden wäre das ultimative Geschenk! Wie sehr beide auf ihren Instrumenten „singen“ können, beweist das wohl zarteste Stück dieses Abends, die Nummer „entre nous“.

Die Magie weiter Landschaften

Stefan Bauer ist bekennender Recklinghäuser, aber liebt auch den Schmelztiegel New York und er fühlt von der riesigen Weite Kanadas magisch angezogen: Das wurde umso deutlicher im furiosen Final-Stück mit dem Titel von „Coast to coast“. Maximale 7000 Kilometer dehnt sich der nordamerikanische Kontinent in seinem hohen Norden aus. Bauer, Düppe und das CCJO werfen die musikalischen Motoren an, um mit allem rhythmischer Drive und strahlender Klangfinesse dieses ganze Weite im Sauseschritt zu durchmessen.