Bild für Beitrag: OLUZAYO FESTIVAL IN KÖLN | Aktuelle und experimentelle Musik aus Afrika
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OLUZAYO FESTIVAL IN KÖLN

Aktuelle und experimentelle Musik aus Afrika

Köln, 06.06.2023
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: OLUZAYO/Miriam Juschkat

Oluzayo ist ein Wort aus der Zulu Sprache und bedeutet: Was vor uns liegt, also ein Wort für den Begriff Zukunft. Das Festival vom 31.5. bis 4.6. war das erste seiner Art für aktuelle, experimentelle und zeitgenössische Musik aus Afrika. Es fand nicht nur in Köln statt, sondern wird im November auch in Johannisburg stattfinden. Die Musik ist breit gefächert, von Orchester- und Ensemblemusik, über elektronische Musik und Klangkunst, bis zu improvisierter Musik und transkulturellen Mixturen. Bei aller Vielfalt ist immer der Bezug zu Afrika und seinen Traditionen gegeben. NRW Jazz hat zwei Konzertabende besucht.

AFRICAN MUSIC FUTURE - WHERE WE DO WE GO FROM HERE?

Im Rahmen des Open Calls der NewMusicSA und des Zentrums für Aktuelle Musik Köln wurden vier Kompositionen, von 130 Einschreibungen, ausgewählt, die mit ihrem kreativen transkulturellen Ansatz mit Bezug zu Afrika überzeugten.

Aufgeführt wurde die Musik vom Ensemble Modern aus Frankfurt, unter Leitung des renommierten Dirigenten Vimbayi Kaziboni im Comedia Theater in der Kölner Südstadt.

Vimbayi Kaziboni, 1988 in Zimbabwe geboren, ist einer der führenden Interpreten zeitgenössischer Musik in seiner Generation, der mit vielen bekannten Komponist*innen der Neuen Musik zusammengearbeitet hat

Als Einleitungswerk wurde Mzantsi Nights von dem südafrikanischen Komponisten Robert Fokkens gespielt. Eine Hommage an die Nächte in Südafrika. Das Xhosa Volk nennt sein Land Mzantsi. Ein Werk mit harten Dynamikwechseln, längeren ostinaten Figuren und lyrisch romantischen Passagen. Zeitgenössische Musik, die nicht in die Raster der Neuen Musik passt. Und Lukas Ligeti hat mit Recht darauf hingewiesen, das die Neue Musik im Westen oft auf bestimmte Formen und Merkmale festgelegt ist.

Danach begann die Musik der vier ausgewählten Komponist*innen. Den Anfang machte das Werk The Ancestors speak von Onche Rajesh Ugbabe, der aus Nigeria stammt und afrikanische und indische Vorfahren hat. Das Werk ist von seiner afrikanischen Großmutter inspiriert, die 115 Nachkommen hatte. Von ihr hörte Onche Gesänge und Melodien des Idoma Volkes. Besonders ein Lobpreis Gottes hat es ihm angetan. Onche, der in den USA lebt, hat westlichen Klavierunterricht erhalten und Jazz und Kammermusik gespielt. Er stellte sich bei seiner Komposition die Frage, wie würden meine Vorfahren ihre Musik auf modernen Instrumenten spielen.

Das Werk von Onche Rajesh Ugbabe zeigt viele Anklänge an die europäische Romantik, in der Volksmusik aufgegriffen und in Kunstmusik integriert wurde. Der letzte Satz begann stärker Rhythmus betont und hatte mehr ein afrikanisches Flair.

Sowohl Onche wie auch alle anderen Komponist*innen verbinden nicht afrikanische Musik eins zu eins mit europäischer Musiksprache, sondern greifen Rhythmen und Harmonien, die Polyrhythmik und andere Elemente auf und modifizieren sie.

Die Komponistin Yang Song, stammt aus der inneren Mongolei, die zu China gehört. Sie hat in Beijing und in Freiburg, bei Prof. Schöllhorn studiert. Angeregt durch die Obertongesangstradition ihrer eigenen Heimat war ihre Inspirationsquelle Umngqokolo, die Ober- und Untertongesänge der Xhosa in Südafrika. Sie hat die Rhythmusstrukturen dieser Gesänge aufgegriffen und für ein Ensemble komponiert, das aus drei Teilen besteht, dabei setzte sie erweiterte Techniken bei den Instrumenten ein. Spannend war, dass auch asiatische Elemente immer wieder in der Musik aufblitzten.

Gabriel Abedi aus Ghana bezieht sich auf die Musikkultur des Ashanti Volkes. Er greift die Musik des 12-14-saitigen lautenartigen Instruments „Seperewa“ auf und transponiert sie für moderne Instrumente. Das Werk klang nach fröhlicher Frühlingsmusik, luftige Flötenmelodien mit Begleitung. Eigenartigerweise erinnerten einige Passagen an Musik, die in China in den 60er und 70er Jahren entstanden ist. Auch dort wurde Volksmusik mit westlichen Instrumenten verbunden.

Den Abschluss des Konzertabends bildete das Werk des italienischen Komponisten Michele Sanna. Ihn hat die Musik der zentralasiatischen Aka Pygmäen fasziniert. Schon György Ligeti hat sich mit deren Musik beschäftigt. Michele Sanna hat sich als Musikethnologe mit der Musik der Aka Pygmäen beschäftigt, besonders angesprochen haben ihn die Geschichten, die mit ihren Gesängen transportiert werden. Sanna hat für sein Werk auch ein selbstgebautes Instrument, das er Rebounder nennt, eingesetzt. Lange Metallstreifen, die auf einem Holz befestigt federn und Geräusche produzieren. Das Ensemble hat viel Schlagwerk, drei Blechbläser, Kontrabass und präpariertes Klavier. Sanna setzt in seinem Werk viele erweiterte Techniken ein. Großartige Rhythmusarbeit und immer wieder überraschende Wendungen und Brüche.

Ein hervorragender Einstieg in das Uluzayo Festival mit vielfältiger transkultureller Musik, bei der sich verschiedene Musikidiome begegneten und in eine fruchtbare Beziehung traten. In ihrer Unterschiedlichkeit hatten sie als gemeinsamen Nenner immer den Bezug zu unterschiedlichen afrikanischen Musikkulturen.

Burkina Electric w/ Gürzenich Orchester & Brad Lubman

Nun machen wir einen großen Sprung zum Abschluss Konzert des ULUZAYO Festivals.

In den Sartory Sälen in Köln trafen am 4.6. die Band Burkina Electric und das Gürzenich Orchester aufeinander. Burkina Electric besteht aus vier Mitgliedern aus Burkina Faso: Wende K. Blass an der E-Gitarre, Mai Lingani Gesang, Vicky Lamour und Zoko Zoko Tanz und Lukas Ligeti Elektronik und Schlagzeug. Vor ein paar Tagen hat Burkina Electric noch auf dem Moers Festival gespielt.

Lukas Ligeti, auch einer der Kuratoren des Festivals, hat eine fünfteilige Suite für Band und Orchester geschrieben. Diese Verbindung hat im Jazz und in der Rockmusik eine lange Tradition. Concerto for Group and Orchestra von Jon Lord von der Band Deep Purple war 1969 ein Vorreiter im Bereich Rockmusik. Im Jazz gab es diese Verbindung weit häufiger, vor zwei Jahren hat etwa das Niels Klein Trio mit einem Ensemble unter Susanne Blumenthal auf dem Moers Festival gespielt.

Lukas Ligeti hat für einen Kompositionsauftrag des NDR das Werk komponiert. Er hatte ursprünglich Bedenken, ob diese Verbindung von Burkina Electric und Symphonie Orchester funktionieren würde. Burkina Electric arbeitet viel mit Improvisation, die Orchester nicht, Burkina Electric arbeitet ohne Dirigent, das Orchester mit, Burkina Electric setzt viele elektronische Elemente ein, ein Orchester eher selten. Doch dann entschied sich Lukas Ligeti dieses Werk zu schreiben.

Vor der Suite von Lukas Ligeti spielte das Orchester noch die sinfonische Dichtung Fatse la heso des südafrikanischen Komponisten Michael Mosoeu Moerane.

Seine Suite hat fünf Teile mit unterschiedlichen Themen:

  1. Lobgesang auf Abdel Kader Haidara, den Bibliothekar von Timbuktu, der viele Schriften vor der Zerstörung durch Islamisten rettete.
  2. Liebeslied
  3. Geld – und seine oft negativen Implikationen
  4. Umweltschutz
  5. Begrüßung

Der Gesang ist in Französisch und Moré, einer Sprache aus Burkina Faso.

Die einzelnen Teile der Suite sind musikalisch deutlich unterschieden. So sind der zweite und fünfte Teil ohne Elektronik und E-Gitarre. Die Sängerin Mai Lingani singt in allen Teilen.

Zu Beginn legt die Band einen elektronischen Klangteppich mit E-Gitarren Improvisation in den dann die Streicher einsetzen, der Gesang hebt an, Oboen setzen ein. So ergibt sich ein Wechselspiel aus Orchester und Band, das sich auf unterschiedliche Weise durch die ganze Suite zieht. Das besondere ist, das Burkina Electric zwei Tänzer hat, die ein Performance Element einbringen. Im ersten Teil schiebt ein Tänzer den Dirigenten Brad Lubman beiseite und dirigiert das Orchester zu einem wildem Ritt. Im zweiten Teil beginnt das Orchester mit Pizzicatos und Schlagwerk. Im dritten Teil gab es eine kurze Irritation als die Elektronik und die E-Gitarre einsetzten, aber eigentlich noch ein Orchesterpart vorgeschaltet war. Schon im vierten Teil wird Sprechgesang der beiden Tänzer mit einbezogen, der dann im fünften Teil mit humorvollen Einlagen erweitert wird. Im Schlussteil gibt es noch ein herausragendes Orgelsolo.

Das Miteinander von Band und Orchester hat hervorragend funktioniert. Die Musik hat sich ergänzt oder hat sich kreativ gerieben und die Tänzer haben dafür gesorgt, dass die klassische Konzertsaal Atmosphäre aufgelöst wurde. Am Schluss klatsche das ganze Publikum den Takt und sang den Refrain. So wurde der Teil Begrüßung auch Verabschiedung. Ligeti wollte mit seiner Suite kulturelle Unterschiede überwinden und mit musikalischer Sprache verbinden und das ist ihm gelungen.

Das Taktklatschen ging dann in Standing Ovations des begeisterten Publikums über.

War es ein Konzert mit einem erweiterten Symphonie Orchester oder ein Konzert mit einer erweiterten Band? Wahrscheinlich ist beides richtig.

Zwischen diesen beiden Konzertabend fand noch eine Vielzahl an weiteren Veranstaltungen des OLUZAYO Festivals im Kölner Stadtgarten statt. Von Afrobeat bis zu traditioneller Musik aus Südafrika und Uganda. DJ Parties und African Future Radio mit kuratierten Playlists. Tanzbares und Audivisuelles trafen sich. Das Ziel von Lukas Ligeti ist erreicht worden: „Wir wollen mit dem Festival ein anderes Bild von Afrika zeigen.“

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