Ohne große Gesten
Lizz Wright & Gregory Porter im Konzerthaus
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Christoph Giese
Wenn die verletzte Schulter damals mitgespielt hätte, dann wäre aus Gregory Porter wohl ein Football-Spieler geworden. Ein Stipendium hatte er bereits in der Tasche. So aber wurde der Hüne Sänger. Und ist derzeit der heißeste Typ auf der Szene in Sachen Jazzgesang.
Schon sein Debütalbum „Water“ aus dem Jahre 2010 wurde für den Grammy nominiert. Ende August erschien nun die dritte CD „Liquid Spirit“ und sie dürfte seinen Status noch zementieren. Denn der Amerikaner, der auf der Bühne immer eine Schiebermütze, unter der er ein die Ohren ganz bedeckendes schwarzes Tuch trägt, vereint Hardbop, Souljazz und Bürgerrechts-Gospel mit seinem bluesigen Bariton zu einer betörenden Musikmischung, die zurückblickt, aber dennoch nie pur retro, sondern aktuell und frisch klingt.
Seine flotte Band mit dem immer wieder eindringlich aufspielenden Saxofonisten Yosuke Satoh verwandelt Porters Songs im ausverkauften Konzerthaus in echte Hymnen. Und der Zuhörer bekommt was geboten. Er darf mitklatschen wie in einer Gospelmesse, sich an rasantem Jazz erfreuen und zwischendurch Luft holen in langsamen Nummern, die Gregory Porter dann butterweich intoniert.
Auch die Sängerin Lizz Wright, die den Abend eröffnet, bezieht sich in ihrer Kunst auf die Traditionen afroamerikanischer Musik. Mit ihrer samtenen Altstimme und ihrem so herrlich melancholischen Souljazz mit Folk-Geruch, der aus einer wunden Seele hochzusteigen scheint, wickelt auch sie das Publikum rasch um den Finger.
Große Gesten braucht die Pastorentochter aus Georgia dabei nicht. Die Hände erhebt sie manches Mal zum Himmel, den Blick lässt sie dabei in die Ferne schweifen. Das ist es. Den Rest machen ihre Band und ihre Stimme, die wohltuend unaufgeregt Würde und Hingabe verströmt und sich nur selten so richtig erhebt.