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nrwjazz goes europe

Snow Jazz Gastein 2013

Bad Gastein, 26.03.2013
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Josef Maier

Wie schon in den letzten Jahren bei ruhrjazz.net, werden wir auch in Zukunft bei nrwjazz.net über interessante Jazz-Festivals in Europa berichten. Dabei geht es uns sowohl um die Darstellung interessanter Orte, wie auch Konzepte.

Was für ein lustiger Vogel dieser Gianluigi Trovesi doch sein kann. Selbstironisch und dabei köstlich unterhaltsam gibt sich der italienische Klarinettist im prächtig besuchten Sägewerk in Bad Hofgastein. Das Sägewerk war früher tatsächlich mal ein solches, Sepp Grabmaier aber hat es schon vor mehr als einem Jahrzehnt umgebaut zu einem gemütlichen Jazzclub, zu „dem“ Jazzclub in der Region. Und die heißt Gasteinertal, befindet sich eine Autostunde südlich von Salzburg, ist nicht nur bekannte Ski- und Kurregion, sondern zum zwölften Mal auch Heimat des Festivals „Snow Jazz Gastein“. Das präsentiert in jedem Jahr unter einem bestimmten Motto zehn Tage lang jazzige und auch andere Klänge. Mit „Bella Italia“ war das diesjährige Festival überschrieben und so war klar: die Musik kam durchweg vom Stiefel. So wie die von Signore Trovesi, der noch den Akkordeonisten Gianni Coscia mitgebracht hatte. Und so unterhaltsam Trovesis Ansagen zwischendurch waren, so humorvoll und dabei hochklassig war die Musik dieses kongenialen Duos. Von Jacques Offenbach bis Kurt Weill reichten die kompositorischen Wurzeln der Klänge der beiden Maestros, die sie äußerst geschickt mit luftiger, mediterraner Leichtigkeit und Würze zu verbinden wussten. Ein vergnügter Hörspaß außerhalb fester Stilgrenzen. Das galt auch für das Quartett von Luca Ciarla, der mit seiner Geige und zusammen mit Akkordeon, Bass und Perkussion ebenfalls ein buntes Amalgam aus Jazz, Klassik und Folklore schuf. Eine Gavotte von Bach mündete da nach einem improvisierten Mittelteil wie selbstverständlich in eine süditalienische Tarantella. Auch für dieses im feinen Ambiente des schicken Grand Park Hotels in Bad Hofgastein stattfindende Konzert traf die Bezeichnung „Hörspaß“ am besten zu.

Bei Antonio Faraò kostete es Festivalleiter Sepp Grabmaier ein wenig Überredungskunst, den in Mailand lebenden Pianisten zu einem seiner eher seltenen Soloauftritte zu bewegen. Es gelang und der italienische Tastendrücker, der gerade von CD-Aufnahmen mit illustren Jazzstars wie Joe Lovano und Jack DeJohnette aus New York zurückgekehrt war, lieferte im gemütlichen Wohnzimmer-Ambiente des Kellers im Hotel Kärnten mit integrierter Bibliothek und Bar auf dem toll klingenden, neuen Bösendorfer-Flügel des Sägewerks ein famoses Konzert ab. Inspiriert von der Jazztradition versteht es Antonio Faraò weit ausholende Geschichten auf den schwarz-weißen Tasten zu erzählen, verschiedene Stimmungen und Tempi geschickt zu variieren, elegant und doch auch rasant zu agieren, einfach eine durchgängige Magie zu erzeugen. Große Klasse!

Das mit der großen Klasse lässt sich unbedingt auch zum Auftritt von „Musica Nuda“ im Sägewerk sagen. Sängerin Petra Magoni und Bassist Ferruccio Spinetti könnten von ihrem Naturell unterschiedlicher kaum sein. Die in Pisa lebende Vokalistin ist so was von quirlig, schreit, röhrt, gibt die Bluesstimme, die Chansonette oder die exaltierte Operndiva, zieht dabei Grimassen und singt bei einer hinreißenden Adaption eines Pink Floyd-Welthits auch mal in den Resonanzkörper des Kontrabasses ihres dagegen eher stoisch wirkenden, aber dennoch immer hochvirtuosen agierenden Partners hinein. Dieses Duo entkleidet eigene Lieder, italienische Klassiker, Soulhits, Bach und Bizet oder auch Songs der Beatles und The Police und macht sie im wahrsten Sinne des Wortes „nuda“, ganz nackt. Nur Stimme und Bass und immer wieder vom eigens mitgebrachten Soundmann sehr effektvoll eingesetzte elektronische Klangveränderungen - damit rissen „Musica Nuda“ das Publikum durchweg mit. Was für eine Performance!

Die nicht nur in der italienischen Jazzszene beiden wohlklingenden Namen Roberto Gatto und Rosario Giuliani boten mit ihren Quartetten dagegen zwar virtuos und durchweg auf sehr hohem Niveau gespielten modernen Mainstream, dem es aber an Besonderheiten und am musikalischen Über-den-Tellerand-schauen eines Trovesi oder von Musica Nuda abging. Giovanni Mirabassi und Boltro zelebrierten zum Festivalabschluss kunstvolle Dialoge im Duo. Jazzstandards, Bossa-Klassiker oder eigenes Material diente den zwei Musikassen zu improvisatorisch ausgeschmückten Konversationen von Konzertflügel und Trompete. Hohe Musikkunst, wenn auch mitunter zu weit ausgereizt und deshalb auch ein wenig erschlagend nach mehr als zweieinhalb Stunden Konzert.

Fazit: Das „Snow Jazz Gastein“ ist ein besonderes Festival, das zeigte auch diese Ausgabe erneut. Eine ganze Region, das Gasteinertal, verwandelt sich für satte zehn Tage in ein Jazzgebiet. Die Konzerte finden ja nicht nur im Sägewerk in Bad Hofgastein und in diversen Hotels statt, sondern an den Wochenenden auch oben auf dem Berg vor ausgewählten Skihütten. Und genau dahin schickte Petrus in diesem Jahr viel Sonne hinab und machte das Open Air-Hören vor der prächtigen Bergkulisse zu einem noch angenehmeren Vergnügen

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