Noten rieseln vom Himmel
Laia Genc „Liaison Tonique“
TEXT: Walter Jonat | FOTO: Walter Jonat
Sitze in der ersten Reihe, close up. Vertrete heute einen Freund, der verhindert ist, weil gleichzeitig eben auch das 42. moers festival stattfindet. Er also in moers, ich im domicil.
Im Club, wohnliche Atmosphäre, fast wie zu Hause. Die drei Akteure betreten die übersichtliche Bühne, Klavier, Bass, Schlagzeug. Völlig ausreichender technischer Aufwand. Purismus, mehr braucht es nicht.
Vornehm in Schwarz gekleidet erscheint das Trio. Laia, von Kopf bis zu den Schuhen ganz die Dame, eben für diesen besonderen Abend. Beide Herren, Markus Braun und Etienne Nillesen, in gedeckten schwarzen Hemden. Laia beginnt, spricht von diesem besonderen Moment, von eigenen Stücken; was bewegt wen wozu und dass wir auf die Reise gehen und erleben werden, wie der musikalische Abend wächst.
Es beginnt sanft zu regnen. Weiche Noten rieseln vom Himmel und ich fühle mich aufgehoben, behütet. Kein akustischer Überfall, Gott sei Dank! Friedvolle Einleitung, gebrochen dann durch dynamische Steigerung. Ein Wechsel, überraschend, doch nicht unangenehm. Laia reißt es vom Hocker, Spiel mit ganzem Körpereinsatz. Das Schlagzeug punktet und das Klavier hält dagegen. Schwarze und weiße Noten tropfen, das Gewitter zieht davon und ein weicher Frühlingsabend vergeht in der Ferne.
Die Stücke gehen weich ineinander über - verbindend. Laia erzählt von ihrer Oma, ihren verschiedenen Welten und den daraus entstandenen Liedern, deren Wesen im Innern entsteht. Laia Genc flüstert auf den Tasten, fast hypnotische Melodien wachsen in meiner Vorstellung. Sie ändert das Spiel, härter haut sie in die Tasten, nutzt das Klavier als Klangkörper in Gänze, beschleunigt ihr Spiel. Der Mann am Bass hat Pause. Zwei Magnete auf der Bühne, Laia Genc am Klavier und Etienne Nillesen am Schlagzeug; sie ziehen einander an und lassen voneinander, stoßen sich ab und finden wieder zurück.
Markus Braun, der Bassmann, verschwindet akustisch, geht ein wenig unter. Das Trio spielt aus dem Innern heraus, aus dem Menschen; keine blutleere Musik, voller Hingabe und Wärme. Ich glaube, was ich höre, was ich sehe. All diese Empfindungen allein im ersten Set, Stücke wie „Talisman“, „Indeed“ und „Tightrope“. Das kann Jazz.
Nach der Pause; ein Stück, welches mir Gänsehaut verschafft – „Für Franz“ . Laia Genc , Markus Braun und Etienne Nillesen verstehen sich auf den Wechsel zwischen Besinnung, Lauthaftigkeit und Druck auf die Ohren. Verstehen einander musikalisch und freundschaftlich; gewachsen in der Musik, wahrhaftig. Bravo!
P. S. Wer an diesem Freitag beim moers festival gewesen ist, hat was verpasst.
Nicht nur die wunderschönen Schuhe von
Laia Genc
mit den passenden black and white-notes .