Nils Petter Molvaer – Vijay Iyer Trio
Abschlusskonzert des Bonner Jazzfests
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Schnabel/Voigtländer
Nils Petter Molvaer, Trompeter und Elektronikjazzer aus Norwegen und das hoch gelobte Vijay Iyer Trio aus New York spielen in der Bundeskunsthalle Bonn das Abschlusskonzert der Bonner Jazztage 2016. Den ersten Teil des Doppelkonzertes bestreitet Nils Petter Molvaer. Er spielt eine elektrisch verstärkte Trompete, wie wir sie vom späten Miles Davis kennen. Der Norweger schert sich ebenso wenig wie Miles um Genregrenzen. Über einen lautstarken elektronischem Drum and Bass Hintergrund setzt er seine Trompetenlinien, die langgezogen und mit Hall verändert, sphärisch und mit einem Touch Acid Jazz durch den Raum schwingen. Im Hintergund der dunklen Bühne, nur Molvaer ist einwenig beleuchtet, wird die Musik in eine bunte Lightshow übersetzt. Das Ambiente und die Musik erinnern an einen Underground Danceclub, mit einem Unterschied, die Halle ist bestuhlt und so ist es nicht möglich dem Bewegungsdrang nachzugeben, den Molvaer mit seiner Musik erzeugt.
Und natürlich ist das Publikum mehrheitlich auch nicht mehr im Alter der Drum and Bass Generation.
Bei der Zugabe ist die Elektronik sehr zurückgenommen und die Trompete steht ganz im Mittelpunkt. Die projizierten Bilder sind nun schwarz-weiß und zeigen den Musiker verfremdet. Dieses Setting hat eine ganz eigene Qualität, es ist sehr intim und gibt dem Trompetenspiel mehr Klangraum.
In der Anmoderation wird die Musik von Nils Petter Molvaer mit der kühlen Brise einer Polarnacht verglichen. Ob das die Musik auf dem Konzert gut beschreibt sei dahingestellt. Die Einstellung der Klimaanlage, die den Konzertsaal kräftig herunterkühlt, lässt auf jeden Fall, das Gefühl einer Polarnacht aufkommen. Leider wird die Polarnacht Temperatur auch beim Konzert des Vijay Iyer Trios beibehalten, obwohl der Pianist seine Wurzeln in Südindien hat und nicht am Polarkreis.
Das Vijay Iyer Trio besteht nun schon seit elf Jahren, mit Stephan Crump am Bass und Marcus Gilmore am Schlagzeug. Der Spiegel bezeichnet die Gruppe als „das beste Piano Trio im heutigen Jazz“ und die New York Times als “the great new jazz piano trio“. Iyer und seine Band spielen ihre Stücke ohne Pause und Ansage, ein Stück geht in das andere über. Sie spielen Stücke aus ihrem neuen ECM Album “ Break Stuff“ und aus ihren älteren Alben, wie das Michael Jackson Cover “Human Nature“, aus “Accellerando“ (2012). Miles Davis hat den Song bereits1985 gecovert. Aber während Miles, die Gesangslinie mit seiner Trompete getreu dem Original spielt, dekonstruiert das Vijay Iyer Trio den Song. Nach kurzen Piano Intro beginnt der Groove des Songs, Bass und Schlagzeug spielen dann einen rhythmisch komplexen Background, über den Iyer mit dem Piano die Melodie legt, aber nur für kurze Zeit, dann entfernen sich die Musiker von Michael Jackson (und Miles Davis) und erst später spielt Iyer kurze Melodieteile, die an das Original erinnern. Ein großartiges “Cover“, das ungefähr zehn Minuten dauert. An diesem Stück zeigt sich das Format des Trios.
Seine Stücke sind rhythmisch sehr komplex, haben aber immer genug Groove, um sie für die ZuhörerInnen zugänglich zu machen. Vijay Iyer am Piano und als Komponist ist das Mastermind der Band, aber im Zusammenspiel können Stephan Crump am Bass und Marcus Gilmore am Schlagzeug ihre polyrhythmischen Figuren ausbreiten. Sie sind nie einfach nur Begleiter. Das Trio zeichnet sich durch sehr muskulöse Schlagzeugarbeit aus. Gilmore benutzt nur zweimal kurz die Besen, sonst setzt er mit seinen Stöcken klare und kräftige Impulse.Die Zugabe widmet Vijay Iyer dem Vogel Star mit dem Stück "Starling" aus dem letzten Album. Dann bedankt er sich beim Publikum für das aufmerksame Zuhören: "Thank you for beeing with us. We can hear you listening. Thank You".
Das Vijay Iyer Trio ist ein weiterer Höhepunkt des Jazzfests Bonn, auf dem es einige Highlights gegeben hat.
Dieses Doppelpack Konzert in der Bundeskunsthalle ist der Abschluss des Jazzfests. Peter Materna , der künstlerische Leiter, kann wieder auf ein erfolgreiches und mit wunderbaren MusikerInnen besetztes Festival zurückblicken. Zweiundzwanzig Konzerte (11 Doppelkonzerte) wurden von über 100 MusikerInnen dargeboten und von 5000 ZuhörerInnen besucht. Eine Bilanz, die zeigt, dass Jazz alles andere als eine Nischenkultur ist. Nach sechs erfolgreichen Jahren ist das Festival in der Region etabliert und eine feste Größe im Kalender der Jazzfans.
Links zu den anderen Berichten über Konzerte des Jazzfest Bonn:
http://nrwjazz.net/jazzreports/2016/michaelwollnytriofatsojazzfestbonn/
http://nrwjazz.net/jazzreports/2016/RamonValleLisasimonposttowerbonn/