Es funkelte mächtig
Nils Frahm mit „Music for Köln“ in der Philharmonie
TEXT: Vera Marzinski | FOTO: Vera Marzinski
Nils Frahm macht sich den Ort des Konzerts zur perfekten Location für seine sphärischen Klänge. Sei es „Music for Köln“ in der Kölner Philharmonie oder „Music for Zürich“ im Innenhof des Landesmuseums in Zürich oder „Music for Eindhoven“ im Muziekgebouw Eindhoven/NL - immer inspiriert vom Raum und Publikum. Nach zartem sphärischem Beginn auf der Glasorgel wechselt Frahm die Instrumente, drückt Tasten, dreht an Knöpfen und kreiert so Sounds, die er übereinander schichtet, bis ein opulentes Klanggebirge entstanden ist. Rhythmisch schaukelt er mit dem Oberkörper hin und her, die Loops und Samples fangen an zu grooven. Im Wechselspiel mit sich selbst, seinen Maschinen und sogar dem Publikum bescherte er so Ende August in Köln ein fulminantes Konzert.
Mit fragilen Kompositionen, die mal leise und mal laut sind, mit Loops und Echoeffekten und mit singenden Zuschauern zelebriert er Musik, die mit auf eine Reise nimmt. Er hat eine Vorliebe für Elektro- und Avantgarde-Klänge. Daraus wird am Ende eine ganz eigene Form. Das Spiel auf der mittelalterlichen Glasharfe hörte sich an wie auf Glasrändern von Weingläsern. Dazu hatte er vorher Handschuhe angezogen. Es funkelte mächtig und viele zarte Klänge auf der alten Orgel erfüllten den Saal. Eine Steigerung der Musiklautstärke erfolgte dann durch den Wechsel zum Keyboard. Frahm begrüßte das Publikum und freute sich nach fünf Jahren wieder in der Kölner Philharmonie zu sein – und er hoffte auf das Mitwirken des Publikums. Denn er plante eine Aufnahme speziell für die „Music for Köln“. Der Auftrag für das Publikum sei nur ein Ton für 20 Sekunden und auch zudem ohne Bezahlung. „Das muss gut werden, sonst leiden wir 20 Minuten!“ betonte er, denn der Ton ging in einen Loop. Die Gäste im Saal sollten nicht nur A, sondern auch O von sich geben, sondern alle müssten die Seele hineinlegen, „Die brauche ich, die Seele!“. Die Kölner Aufnahme werden später dann mit anderen Städten verglichen. Außerdem würde noch ein paar Gruseleffekte einbauen und den Rest – noch viele weitere Töne mit Orgel, Klavier und Elektronik - dazu machen.
Im Part drei spielte Nils Frahm nur Klavier. Sehr melancholisch und fast beruhigend, bevor es im Part vier wieder sehr elektronisch, mit viel Körpereinsatz von Frahm ging. Alles im Halbdunkel. Teilweise ging die Musik durch Mark und Bein. Das Konzert war eine Achterbahn der Gefühle und dafür erhielt er zum frenetischen Beifall. Beim Hinausgehen schwärmten dann die Besucher von diesem besonderen Konzert. Ein Konzert mit viel Improvisation von Frahm, der in der Magie des Moments mit seiner absoluten Experimentierfreude Musik kreiert. Nils Frahm hat sich auch als Komponist von Filmmusik einen Namen gemacht. So steuerte er zum Beispiel die Musik zu dem in einer einzigen Einstellung gedrehten Spielfilm „Victoria“ bei, der 2015 auf der Berlinale lief. Oder für den Tatort „Tiere der Großstadt“ (2018). Und eben auch für „Ad Astra – Zu den Sternen“ (2019) mit Brad Pitt.
Am Montag, 4. März 2024 – 20:00 Uhr, ist Nils Frahm in der Isarphilharmonie München.