„Nida Jazz Maratonas“
Jazz auf der Kurischen Nehrung
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Christoph Giese
Leonid Shinkarenko strahlt. Sein zweitägiges Festival ist fast am Ende angekommen, die französische Weltmusik-Formation Lo´Jo wird gerade zur Zugabe wieder auf die Bühne geklatscht, das Publikum kam zum Hafen in Nida so zahlreich wie noch nie, und bei seinem gleichzeitig veranstalteten Nida Jazz Tennis Cup hat der Bassist den dritten Platz belegt. Leonid Shinkarenko ist tennisverrückt und mit Passion Jazzmusiker und Macher des „Nida Jazz Maratonas“, das zum bereits elften Mal in dem beliebten Ferienort auf der Kurischen Nehrung stattfand. Auf der einen Seite das Kurische Haff, auf der anderen das Baltische Meer – dieser schmale Landstreifen, der knapp zur Hälfte zu Russland zählt und im Jahre 2000 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde, ist eine der schönsten Stellen in Litauen. Und Spielort eines kleinen, aber feinen Jazzevents, das erst zum dritten Mal als Open Air-Event direkt am Hafen über die Bühne ging. Ein wunderschöner Platz, aber am ersten Abend auch immer mit Gefahr, weggeweht zu werden, so stark blies der Wind.
Die Jazzfunk-Band Mo´ Blow (spielen am 16.9. im Dortmunder „domicil“ und am 9.10. im Ledigenheim in Dinslaken-Lohberg) eröffnete das Festival mit knackigen Grooves, heißen Saxofon-Soli von Felix F. Falk und vielschichtig getrommelten Beats von André Seidel. Die vier Berliner sind keine Band für große Überraschungen, aber brachten funkige Jazzmusik genau auf den Punkt. Festival-Leiter Leonid Shinkarenko hatte seinem Kollegen Vladimir Chekasin anschließend Raum für das speziell für diesen Abend kreierte Projekt „Midnight Riffs“ gelassen. Mit Shinkarenko höchstpersönlich am E-Bass, Drummer Linas Būda, US-Drummer Bruce Cox und dem russischen Tastenmann Andrej Kondakov kreierte der Saxofonist, der auch mit Stimmimprovisationen arbeitete, eine fusionlastige, avantgardistische Performance, bei der die Ideen aber leider nicht immer so richtig zündeten. Da war das Trio der beiden Briten Nathaniel Facey und Rick James, die sich der litauische Drummer Marijus Aleksa bei Festivalchef Shinkarenko als Partner gewünscht hatte, wesentlich kompromissloser und stringenter. Rick James legte mit seinem E-Bass die funkig-groovenden Fundamente, über die Nathaniel Facey seine ungemein geschmeidigen obwohl intensiv-bissigen Altsaxlinien blies. Und Marijus Aleksa erwies sich bei diesem ersten Auftritt dieses Trios als nüchtern-geschmackvoller, talentierter Rhythmiker hinter seinem Drumset.
Eine Reise nach Nida lohnt sich nicht nur, aber natürlich auch wegen des Jazzfestivals. Dass man auf der Kurischen Nehrung nebenbei noch wunderbar entspannt ein paar Tage verbringen kann, macht den „Nida Jazz Maratonas“ noch ein wenig sympathischer.