Nicht nur Infernales
Snow Jazz Gastein 2016
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Josef Maier
Warm ist es im Sägewerk. Dabei hatte sich Raphael Wressning schick gemacht. Mit feinem Hemd und im Anzug. Aber dem Organisten aus der Steiermark läuft der Schweiß nur so herunter. Was nicht nur an der Wärme in dem Jazzclub sondern auch seiner hitzig schwitzigen Musik geschuldet ist. Also raus aus der Jacke und dem Hemd und dann weiter mit Vollgas reingestürzt ins köchelnde Gebräu aus Soul, Funk, Blues und Jazz seines Trios. Das kombinierte Wressnig an diesem Abend immer wieder und erstmals überhaupt mit „The Soul Gift“, einem Saxofontrio um Max the Sax. Höllisch, wie die sechs Musiker dann gemeinsam eine ausgelassene, wahnsinnig groovende Musikparty initiierten, die das Publikum völlig mitriss.
Was für ein Auftakt der 15. Ausgabe des „Snow Jazz Gastein“. Nach den vielen warmen und mehr als verdienten Worten für Festivalmacher Sepp Grabmaier vor dem Konzert, lieferten Wressnig und Co. das richtige Hauptgericht zum Festival-Jubiläum. Erstaunlich, was Sepp Grabmaier in den letzten anderthalb Jahrzehnten im Gasteinertal auf die Beine gestellt hat. Längst ist die Wintersportregion nicht nur Kur- und Heilregion, sondern auch Jazz-Land. Im Sägewerk gibt es das ganze Jahr über Konzerte und im März dann das „Snow Jazz Gastein“. Für das denkt sich Sepp Grabmaier jedes Jahr ein neues Motto aus. „Infernale Trios“ lautete es dieses Mal.
Infernal war es zwar nicht, was das Trio Michel Godard, Livio Minafra und Roland Neffe an ihrem ersten gemeinsamen vollen Konzertabend boten. Der Franzose auf Tuba und Serpent, der Italiener am Klavier und der Österreicher am Vibrafon – das war eine Kombination mit zauberhafter Musik jenseits fester Kategorien. Musik voller Seele in jeder Note, mediterran angehaucht, natürlich. Musik, die sich aus gemeinsamen Dialogen speiste und fortwährend befruchtete. Dass dies ein festes Trio werden möge, darf man nach diesem Auftritt nur hoffen.
Der österreichische Pianist David Helbock rückte gleich mit seinen beiden Trios an, die er in der Zugabe sogar zusammenführte. „Random/Control“ ist ein aberwitziger Musikspaß mit Alphorn oder Tuba, sein nach ihm benanntes Trio, mit Schlagzeug und Bass-Ukulele besetzt, eine perkussiv angelegte Rhythmus-Maschine, die aber auch durch großartige Melodien betörte. Auch das Trio der Saxofonistin Céline Bonacina machte viel Spaß, spielte die kleine Französin mit Drummer Kevin Reveyrand aus Madagaskar und Bassist Hary Ratsimbazafy aus Martinique und ihrer bunten Mischung aus Jazz, Groove und afrikanischen Elementen eine unterhaltsame Musik, die sie mit geloopten Saxofonklängen noch anreicherte.
Das gemütliche Sägewerk in Bad Hofgastein war erneut der Haupt-Spielort beim „Snow Jazz Gastein“. Was bei einem Festival mit lauter Trios super passte. In diesem Ambiente fühlten sich auch die Musiker spürbar wohl. Wie der deutsch-dänisch-französische Dreier „Das Kapital“ mit dem Saxofonisten Daniel Erdmann, der neben nicht immer ganz leicht verdaulichen, bruchstückhaften kollektiven Improvisationen zwischen Jazz und Rock auch mit herrlich treibender, fließender Energie aufwartete. Die brachte auch „Mario Rom´s Interzone“ mit viel Schwung auf die Bühnenbretter des Sägewerks.
Der für Ohren und Magen köstliche Jazzbrunch im hippen Design-Hotel Miramonte in Bad Gastein war dann nach neun jazzigen Tagen das funkelnde i-Tüpfelchen der Festival-Jubiläumsausgabe. US-Pianist John di Martino, Bassist Boris Kozlov und Austria-Drummer Klemens Marktl hatten vor allem Stücke von Billy Strayhorn im Programm – und spielten diese nicht nur sehr erfrischend aufbereitet, sondern auch voller Herzblut. Dazu schien die Sonne vom blauen Alpenhimmel. Jazzerherz, was willst du mehr!