NICA live: Janning Trumann SEASONS VII
Feat. Oli Steidle, Philip Zoubek & Stefan Schönegg
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Uwe Bräutigam
We Can`t Eat Music im Stadtgarten – aber ab dem 3. März wieder
Der äußere Rahmen im Kölner Stadtgarten wirkt etwas trostlos. Die Gastronomie, die immer für ein lebendiges Bild und eine angeregte Gesprächs- und Geräuschkulisse sorgt, ist geschlossen. Eine Notbesetzung an der Bar macht es dennoch möglich Getränke für das Konzert zu erstehen. Wer den Stadtgarten schon seit Jahrzehnten kennt, wird das quirlige Ambiente der Gastronomie, mit dem Slogan “We Eat Music“ sehr vermissen. Aber Änderung ist in Sicht: Am 3. März kommt es zur Wiedereröffnung. Wenn der äußere Rahmen durch die Pandemie eingeschränkt ist, dann muss der Konzertbetrieb es rausreißen. Im Rahmen des NICA Eliteförderprogramms spielte eine hochkarätig besetzte Band unter Leitung des Posaunisten Janning Trumann .
Die NICA Konzerte von Janning Trumann im Stadtgarten haben dasselbe Format wie Pablo Held meets… im Kölner LOFT. Janning lädt Musiker ein, die oft in dieser Besetzung noch nicht zusammen gespielt haben. Jedes Stück verändere sich bei jeweils verschiedenen Musikern auf der Bühne. Es könne lauter werden, anders betont werden oder vielleicht auch anders interpretiert werden.
Das siebte Konzert in der SEASONS Reihe
Eingeladen hat Janning für SEASONS VII den Pianisten Philip Zoubek, der ebenfalls Teilnehmer im Förderprogramm NICA ist, den Bassisten Stefan Schönegg vom Kölner IMPACT, mit dem schon oft zusammengearbeitet hat und aus Berlin den Schlagzeuger Oli Steidle. In dieser Besetzung haben die Musiker bisher noch nicht zusammengespielt.
Es werden ältere und neue Kompositionen von Janning Trumann gespielt. Den Einstieg macht ein älteres Stück mit dem Titel Köln. Geschrieben hat Janning das Stück allerdings nicht in Köln, sondern in New York. 2015 kam es in der Silvesternacht in Köln zu zahlreichen sexuellen Übergriffen. Köln schaffte es mit Negativschlagzeilen bis auf die Titelseite der New York Times. Janning der mit einem Stipendium zu dieser zeit in Big Apple wohnte, wollte mit seiner Komposition Köln, als weltoffene, lebendige und lebenswerte Kulturstadt darstellen, so wie er sie in all den Jahren, in denen er dort wohnte, erlebt hat.
Von Köln nach New York – und zurück
Ein Stück voll Elan und Energie, wie die Großstadt am Rhein. Auch das nächste Stück Brach hat einen kräftigen Drive und passt gut zur Wetterlage mit Sturm und Windböen. Janning spielt seine Posaune mit einem Plunger, einem Gummidämpfer, mit dem er die Töne am Schalltrichter moduliert. So entstehen Klänge, die der menschlichen Stimme sehr ähneln.
Weiter geht es mit Energie und dem Stück Watt, die Maßeinheit für Energieumsatz pro Zeit. Hier wird besonders es deutlich, dass die Stücke je nach Besetzung und Instrumentierung anders klingen. Watt hat Janning Trumann auf seinem NICA Konzert im August 2021 auch gespielt. Damals mit Stefan Karl Schmid am Saxophon, mit Bernhard Meyer am E-Bass und Moritz Baumgärtner an den Drums. Außerdem wurde bei dem Stück mehr Elektronik eingesetzt, als bei diesem Konzert. Das Stück Watt ist auch auf dem gerade erschienen Album Roots & Riots vom Janning Trumann 4, wieder in einer anderen Besetzung. Alle drei Versionen haben natürlich ein gemeinsames rhythmisches und harmonisches Gerüst, unterscheiden sich aber sehr. Eine Komposition, die sich immer wieder neu entfaltet. Aber dies entspricht auch der Arbeitsweise von Janning, der eher mit Worksheet, mit einem kompositorischem Grundgerüst, arbeitet, als mit völlig auskomponierten Stücken.
Das nächste Stück Acht hat er am Morgen vor dem Konzert geschrieben. Janning sagt in der Anmoderation, das drei Wochen Vorbereitung für ein Konzert für ihn die Hölle sei. Ein ewiges Hin und Her, bis dann in letzter Minute die Ideen fließen. So hat er auch das Stück Shift aus dem neuen Album in 15 Minuten geschrieben und dann hat die Band daran gearbeitet. Das Stück Acht ist ein ruhigeres Stück, frühe Morgenstimmung ohne hektische Tagesaktivität. Er hat dieses Stück in Hinblick auf die Band geschrieben, die aus Musikern besteht, die alle mit viel Power spielen können. Deshalb wollte er einen Kontrapunkt mit einem ruhigen Stück setzen.
Musik mit viel Energie, aber in geordneten Bahnen
Das Konzert zeichnet sich durch viel Energie aus, aber in gut geleiteten Bahnen. Kein wildes Draufllos, was ja auch manchmal schön sein kann, sondern Energie wohldosiert. Man spürt das strukturierende Element von Janning gut heraus, obwohl er den Musikern viel Raum und Freiheit gibt. Die Solo Anteile von Janning sind auch deutlich größer als bei dem Konzert im August, als er sich die Soli mit Stefan Karl Schmid am Saxophon teilte. Aber Janning hat einen großen Fundus an musikalischen Ideen und erzählt mit seiner Posaune eindringliche Geschichten, in die sich seine Gastmusiker wunderbar einfügen und ihren prägenden Anteil am Gruppensound haben.
Die Band spielt ein einziges langes Set ohne Pause, was die Kohärenz und Dichte des Konzerts zusätzlich betont. Das Publikum ist begeistert und verlangt natürlich nach einer Zugabe.
Wieder ein spannendes NICA Konzert, das von der Reibung lebt, die durch die unterschiedlichen Musiker erzeugt wird, die aufeinander treffen und während des Konzerts einen gemeinsamen Sound entwickeln.
Link zum Janning Trumann NICA Konzert im August 2021:
https://www.nrwjazz.net/jazzreports/2021/NICA_live_Janning_Trumann_Green_Room_Stadtgarten/
Link zur Albumbesprechung: Janning Trumann 4 – Roots & Riots:
https://www.nrwjazz.net/jazzreports/2022/Janning_Trumann_4_CD_Roots_and_Riots/
Link zum Radio Interview mit Janning Trumann bei Jazz and beyond:
https://www.nrwjazz.net/jazzreports/2022/Radio_Interview_Janning_Trumann_bei_Jazz_and_beyond/