Nguyén Lé Streams Quartet
Jazzige Improvisationen und rockige Gitarre
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Uwe Bräutigam
Nguyén Lé, ein herausragender Gitarrist, der immer neue musikalische Wege sucht, tritt in der Bonner Harmonie mit seinem neuen Streams Quartet auf. Ein Jazzquartett, mit Nguyén Lé an der E-Gitarre, Chris Jennings am Kontrabass, Illya Amar am Vibraphon und John Hadfield am Schlagzeug, ganz ohne traditionelle ethnische Instrumente.
Es ist das zweite Konzert, mit seiner neuen Band und sie spielen auf dem Konzert fast alle Stücke der neuen CD Streams (ACT 9876-2).
Aber Nguyén Lé wäre nicht er selber, wenn er nicht auch mit dieser Jazzband die Musik verschiedener Kulturen erforschen wollte. Während er mit seinem letzten Projekt, mit dem Hanoi Duo, traditionelle vietnamesische, chinesische und indische Instrumente mit E-Gitarre, Trompete und Schlagzeug konfrontierte. Geht er nun einen Weg, bei dem er sich mit westlichen Instrumenten den traditionellen Musikkulturen nähert.
Dies wird auf dem Konzert besonders bei Cloud Chambers deutlich. „Dieses Stück ist für traditionelle vietnamesische Instrumente geschrieben und wird nun von einem Schlagzeuger aus New York gespielt,“ sagt Nguyén Lé. Mit der Gitarre spielt er zur Eröffnung das vietnamesische Thema und es klingt als on Jimi Hendrix einen Abstecher nach Vietnam gemacht hätte. Besonders ungewöhnlich klingt der elektronisch verfremdete Kontrabass, der die hohen Töne der traditionellen Instrumente spielt. Asiatische und westliche Musik verschmelzen und bilden etwas Neues. In diesem neuen Kontext verwandelt sich Cloud Chamber zu einem völlig anderen Stück.
Insgesamt ist die Musik sowohl jazziger als auch rockiger, mit vielen großartigen Soli, von Gitarre und Vibraphon, aber auch von Bass und Schlagzeug.
Auch wenn der Solo Anteil von Schlagzeuger John Hadfield gering ist, so ist sein Spiel durchaus sehr präsent. Die Rhythmusgruppe von Chris Jennings am Bass und John Hadfield treibt die Stücke sehr rockig voran. Das erste Stück 6h55 ist aus der Feder von Chris Jennings und gibt die jazzrockige Richtung des Konzerts an, die mit dem Stück Bamiyan von Nguyén Lé weitergeführt wird.
Bamiyan ist eine Region in Afghanistan, die unrühmlich bekannt wurde, weil dort religiöse Fanatiker der Taliban riesige in die Felsen gehauene Buddhastatuen zerstörten. Nguyén Lé möchte mit dem Stück das Zusammentreffen der buddhistischen und der islamischen Kultur als gegenseitige Bereicherung feiern. Nach langem orgelartigem Intro auf der Gitarre setzt dann die Rhythmusgruppe mit einem rockigen treibenden Beat ein, über den Nguyén Lé dann asiatische Melodiefragmente auf der Gitarre spielt.
Mit Subtile Body folgt, die einzige ausgesprochene Ballade. Das Stück ist inspiriert vom Konzept des feinstoffliche Energiekörpers, das in den Traditionen Asiens in der Meditation eine wichtige Rolle spielt.
“The next tune is dedicated to the chinese Rock´n Roll, it is called Ming Swing,” so leitet Nguyén Lé das letzte Stück vor der Pause ein. Wilde Gitarreneffekte mit scheppernden Saiten und Wah wah Effekten und viel Rock, aber auch ein wunderbares Vibraphonsolo von Illya Amar, sind im Stück zu hören.
Aber nicht nur asiatische Musiktraditionen werden aufgegriffen, so inspiriert die marokkanische Gnawa Musik das Stück Sawira. Auch in diesem Stück spielt Illya Amar ein einfallsreiches Vibraphonsolo. Ebenfalls bemerkenswert ist ein langes Duett von Gitarre und Schlagzeug gefolgt von einer fantastischen Gitarrenimprovisation.
Das Publikum in Bonn ist begeistert und spendet reichlich Beifall. Ein sehr inspirierendes Konzert in der Harmonie in Bonn Endenich.
Nguyén Lé ist in Paris geboren, er wuchs mit Pink Floyd, Jimi Hendrix und Eric Clapton auf, ebenso wie mit Miles Davis und John McLauglin. Diese Musik bildete immer seine Basis, von dort aus nähert er sich der Musik Vietnams oder andererer tradionellen Kulturen. Auf dem Konzert mit dem Streams Quartet wird dieser Ansatz wieder stärker betont.
Nguyén Lé steht immer für Jazz ohne Grenzen, weder kulturell noch vom Genre her. Er ist ein musikalischer Freigeist, der sich von Musik aus aller Welt inspirieren lässt und sie in seine musikalische Sprache integriert.