Bild für Beitrag: New Yorker Geschichten in Concert | Ein Zusammenspiel von Literaturperformance und Jazz
Bild für Beitrag: New Yorker Geschichten in Concert | Ein Zusammenspiel von Literaturperformance und Jazz
Bild für Beitrag: New Yorker Geschichten in Concert | Ein Zusammenspiel von Literaturperformance und Jazz
Bild für Beitrag: New Yorker Geschichten in Concert | Ein Zusammenspiel von Literaturperformance und Jazz

New Yorker Geschichten in Concert

Ein Zusammenspiel von Literaturperformance und Jazz

Essen, 30.12.2019
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker | FOTO: Heinrich Brinkmöller-Becker

Was haben Dorothy Parker, die berühmte US-amerikanische Schriftstellerin, und der Jazz gemeinsam? Nun, die New Yorkerin war in den 1920er und 1930er Jahren, also im sog. Jazz Age, die angesagteste Schriftstellerin, für ihren Sarkasmus, ihre Ironie und ihre sprachgewandte Scharfzüngigkeit vor allem in ihren Short Stories gilt sie als legendär. Wie Berthold Klostermann in seiner Anmoderation des Abends Dorothy Parker: ‚New Yorker Geschichten’ in Concert im Essener Grillo-Theater anmerkt: Die Schriftstellerin hat zwei Songtexte für Billie Holliday (I wished On the Moon, How Am I to Know) verfasst, in dem Cole Porter-Song Just One Of Those Things wird ihr die erste Zeile gewidmet. Und sonst? Egal, beim diesjährigen Jahresabschluss im Grillo liest Birgit Minichmayr eine Auswahl der Parker-Kurzgeschichten, dazu gibt es an zwei Flügeln erlesene Musik des Piano-Duos von Chris Hopkins und Bernd Lhotzky eben aus dem genannten Jazz Age. Und das vielfach ausgezeichnete Ensemblemitglied des Burgtheaters interpretiert die Texte in einer so hinreißend pointierten und präzis-exzessiven Form, dass man den Eindruck gewinnt, Parkers Prosa sei zu nichts anderem als zu dieser Art von Performance geschrieben.

Kurz eingeworfene Sentenzen wie „Ich erwarte nur drei Dinge von einem Mann: gutes Aussehen, Rücksichtslosigkeit und Dummheit“ oder „Am leichtesten lässt es sich über die Leute schreiben, die man hasst“ oder „Ob ich mich amüsiere? Noch ein Martini und ich lieg’ unterm Gastgeber“ charakterisieren die Scharfzüngigkeit Dorothy Parkers. Die vorgetragenen Kurzgeschichten geben Beispiel für ihre scharfsinnige und decouvrierende Beobachtung etwa des verdeckten Rassismus’ der sich liberal und offen gebenden Gesellschaft („Arrangement in Schwarz und Weiss“) oder die psychologisch fein gesponnene Story über eine versetzte Frau, die im Monolog verzweifelt auf den Anruf ihres Freundes wartet und dabei bis 500 zählt („Ein Telefonanruf“). Dabei intonieren Chris Hopkins und Bernd Lhotzky passenderweise Pennsylvania 6-5000.

Überhaupt gelingt der Abend durch das Zusammenspiel des Piano-Duos mit Birgit Minichmayr. Die vorgetragene Literatur wird durch die Musik eingeleitet bzw. „abgerundet“, thematisch ergeben sich so wunderbare Entsprechungen und Kommentierungen durch die Musiktitel etwa aus der Feder von Duke Ellington (Black and Tan Fantasy), Cole Porter (Night and Day), Gershwin (The Man I love). Der melancholische Grundtenor der Texte wird durch den Esprit der darstellerischen und musikalischen Performance gebrochen. Man hört es dabei jedem Ton, jedem Takt an: Chris Hopkins und Bernd Lhotzky sind bestens aufeinander eingespielte pianistische Vertreter des traditionellen Jazz’, überaus virtuos und phantasievoll interpretieren sie die Jazzklassik und finden in ihren Improvisationen immer neue Varianten. Ein You’d Be So Nice To Come Home To wird zu einer schwunghaften Latin-Nummer, Gee Baby Ain’t I Good To You leitet die Geschichte „Liebling ein ganz Kleines“ ein und begleitet diese als dezente Barmusik. In diesem Text mit dem Monolog der Ich-Erzählerin, die in einer Flüsterkneipe ihre Einsamkeit im Alkohol ertränkt, zieht Minichmayr noch einmal alle schauspielerischen Register, großartig, wie sie den Absturz, wie sie die Traurigkeit der einsamen Protagonistin inszeniert! Am Schluss verbeugen sich die drei noch einmal vor der New Yorker Schriftstellerin: mit dem besagten Just One Of Those Things – von Birgit Minichmayr gesungen. Und anschließend gibt es auch noch Sekt...

Ein rundum gelungener Abend, ganz im Sinne der Reihe Jazz in Essen und des Grillo-Theaters, am Jahresende Theater- und Jazzakteure zusammen auf die Bühne zu bringen. Das Publikum im ausverkauften Theater bedankt sich für die perfekte Performance von Literatur- und Jazzinterpretation mit brausendem Applaus.

Bild für Beitrag: New Yorker Geschichten in Concert | Ein Zusammenspiel von Literaturperformance und Jazz
Bild für Beitrag: New Yorker Geschichten in Concert | Ein Zusammenspiel von Literaturperformance und Jazz
Bild für Beitrag: New Yorker Geschichten in Concert | Ein Zusammenspiel von Literaturperformance und Jazz
Bild für Beitrag: New Yorker Geschichten in Concert | Ein Zusammenspiel von Literaturperformance und Jazz
Bild für Beitrag: New Yorker Geschichten in Concert | Ein Zusammenspiel von Literaturperformance und Jazz
Bild für Beitrag: New Yorker Geschichten in Concert | Ein Zusammenspiel von Literaturperformance und Jazz
Bild für Beitrag: New Yorker Geschichten in Concert | Ein Zusammenspiel von Literaturperformance und Jazz
Bild für Beitrag: New Yorker Geschichten in Concert | Ein Zusammenspiel von Literaturperformance und Jazz
Suche