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Neuer Spielort, alte Magie

Punkt 2015

Kristiansand, 13.09.2015
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Christoph Giese

Bislang mussten Jan Bang und Erik Honoré ihr Festival immer mit vielen Worten versuchen zu erklären. Doch nun gibt es eine wunderbare Dokumentation über „Punkt“ vom französisch-norwegischen Filmemacher Adrien le Gall, die jetzt in Kristiansand im Rahmen des Festivals erstmals gezeigt wurde. Zu sehen sind unter anderem Ausschnitte von Konzerten der vergangenen, inzwischen schon zehn Festivaljahre, die den Geist und die Idee von Punkt großartig in Bilder und Töne umsetzen. Und natürlich kommen auch die beiden Festivalgründer und andere Künstler ausführlich zu Wort.

Schnell wird dabei deutlich: „Punkt“ ist mehr als ein gewöhnliches Musikfestival. Punkt ist eine Kunstform. Die in diesem Jahr so richtig ihre visuelle Seite zeigen konnte, fanden doch erstmals alle Konzerte an den beiden Haupttagen im Kino von Kristiansand statt, welches das Festival mit allen Sälen komplett gemietet hatte. Da konnte Lichtkünstler Tord Knudsen so richtig seine Kreativität zeigen und vor allem die Konzerte im größten Saal mit farbenreichen Fantasiebildern zu einem Genuss für Ohren und Augen machen.

Und noch etwas war neu bei „Punkt 2015“. Es gab etliche Konzerte an den beiden Haupttagen, die anschließend nicht live remixed wurden, was ja ein ganz spezieller Aspekt von „Punkt“ war und noch immer ist. Und die Auftritte, die direkt nach Konzertende von den Remixern weiterverarbeitet wurden, boten ebenfalls eine Neuigkeit. Denn erstmals konnten die Zuhörer zwischen gleich drei gleichzeitig startenden Remixen wählen. Das eröffnete natürlich die Möglichkeit unterschiedliche Herangehensweisen bei den Nachbearbeitungen direkt zu vergleichen. Aber man ließ sich auch oftmals nicht ganz so intensiv auf einen Remix ein, denn die Neugier lockte zum Kinosaal-Hopping, um von den anderen Remixen auch was mitzubekommen. Lobenswert auf jeden Fall, dem elektronischen Nachwuchs ein Podium zu geben. Denn in einem der Keller-Kinosäle präsentierten sich Studenten von Jan Bang, der seit letztem Jahr an der Universität von Kristiansand das Fach Elektronische Musik lehrt.

Welche Konzerte bleiben hängen von der elften Festivalausgabe? Sicher der Auftritt des Österreichers Christian Fennesz mit Trompeter Arve Henriksen. Das Konzert in Kristiansand war erst das dritte gemeinsame dieses Duos. Wo Fennesz eher als kühler Soundbastler agierte, gab sich der Norweger vor allem als der emotionale Musiker, der so viel Seele in seine typischen Trompetenklänge zu legen vermag. Nguyên Lê und seine Vertonung des uralten und skurrilen japanischen Stummfilms „A Page Of Madness“, mit Gästen wie Nils Petter Molvær, Jan Bang und einem Streichquartett, bewies einmal mehr, welch großartiger musikalischer Brückenbauer der vietnamesisch-französische Gitarrist doch ist. Ein Remix von Marilyn Mazur, Nils Petter Molvær, Eivind Aarset und Jan Bang zeigte dagegen, wie man aus einem wenig spannendem Konzert (der französischen Band Vegan Dallas) etwas aufregend Neues gestalten kann. Und zum Festivalabschluss verarbeitete Jan Bang im Duo mit Audun Kleive den Auftritt des deutschen Elektronikmusikers Atom TM alias Uwe Schmidt. Der hatte mit seinen superlauten, technoiden Maschinen-Sounds irgendwann etliche Zuhörer aus dem Saal getrieben. Bang und Kleive gingen mit viel Humor, Spaß und Improvisierlust an den Remix. Und verblüfften damit, dass man pure Elektronik mit noch mehr Elektronik beantworten und dabei doch so unglaublich menschlich wirken kann.

Mit dem Kino scheint das Festival endlich einen neuen festen Spielort gefunden zu haben. Was Jan Bang und Erik Honoré neben dem Mutterschiff „Punkt“ in Kristiansand allerdings noch wichtig ist, das ist das Verbreiten der Festivalidee des Live Remix auch außerhalb der Landesgrenzen. Bislang gab es etliche „Punkt“-Gastspiele in Städten wie London, Tallinn, Paris, Prag oder Mannheim. Weitere Touren sind bereits in Planung. Was 2005 klein mit einer Idee begann, ist längst ein weltumspannendes und nach wie vor spannendes Konzept geworden.

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