Musik der Gegenwart Festival
Zehn Jahre ACHT BRÜCKEN
TEXT: Vera Marzinski | FOTO: Jörn Neumann (li.) Eduradus Lee (oben + re) Alexandre Delmar (re + unten)
Rückblick, Einblick, Ausblick auf das renommierte Festival "ACHT BRÜCKEN" die Musik der Gegenwart nach Köln. Seit zehn Jahren Musik der Gegenwart. 2021 vom 1. bis 15. Mai – und auch in diesem Jahr leider nur online. Aber nicht minder beeindruckend.
Noch im Januar war Louwrens Langevoort, Gesamtleiter des Festivals und Intendant der Kölner Philharmonie, hoffnungsvoll. Das Motto für 2021: „Kosmos | Comic“, Schnittstellen von zeitgenössischer Musik und sequenzieller Kunst, Comics, Graphic Novels, Illustrationen und Animationsfilmen. Pandemiebedingt konnte das Festival nicht wie geplant vor Publikum stattfinden.
Digital an einem Festival teilnehmen - zumindest eine Möglichkeit in diesen Zeiten. Aber eigentlich möchte man sich gar nicht daran gewöhnen – denn die Stimmung und das spezielle Konzerterlebnis ist doch nicht vergleichbar. Dennoch ist das ACHT BRÜCKEN – Festival auch online ein besonderes Erlebnis. 27 Festival-Streams entstanden so. Unter anderem mit Klangforum Wien, WDR Sinfonieorchester, Hochschule für Musik und tanz Köln, Remix Ensemble Casa da Música, Subway Jazz Orchestra und vielen anderen. Live alle Konzerte erleben wäre eine Herausforderung gewesen – online gab es Live-Streams, die noch 60 Tage nach der Erstausstrahlung abrufbar sind unter: https://www.achtbruecken.de/de/mediathek
Seit 2011 bringt das renommierte Festival ACHT BRÜCKEN die Musik der Gegenwart nach Köln. 2021 eröffnete der neue Chefdirigent Nicolas Fink des WDR Rundfunkchores mit seinem Ensemble sowie das sonic.art Saxofonquartett den Konzertreigen. Mit Werken von David Lang (Little Match Girl Passion nach Hans Christian Andersens Märchen "Das Mädchen mit den Schwefelhölzern" für vier Stimmen und Kammerchor), Gordon Kampe (Zehn Symphonien für Saxophonquartett) und Lera Auerbach (Auszüge aus "Galgenlieder " nach Gedichten von Christian Morgenstern für Frauenchor und Saxophonquartett). Innovative Stimm- und Klangbilder mit ungewöhnlichen Programmkombinationen auch bei Richard Ayres gut einstündigem "No. 50 (The Garden)". Ein dicht verwobener Reigen aus bewegtem Bild, Klang, Erzähl- und Gesangstexten – eine Mischung aus animiertem Musiktheater und musikalischem Cartoon. Dargeboten von Bass Bariton Karl Huml und dem niederländischen Ensemble Asko|Schönberg - gedreht auf dem Gelände des Blumenzwiebelproduzenten Moolenaar BV. Die ausgesprochen visuelle Musik wurde ihrerseits von Bildsequenzen der Experimentalfilmerin Martha Colburn grafisch und szenisch untermalt.
Eine Musik, die maßgeblich durch Comic Art inspiriert wurde, regt umgekehrt wieder zu zeichnerischer Umsetzung an. Eine solche Rückübertragung versuchte Jurek Malottke mit Fausto Romitellis Zyklus »Professor Bad Trip« am 2. Mai in der Kölner Philharmonie. Eine Comic-Lesung mit Live-Musik unter dem Titel „Ernst Busch - der letzte Prolet“ Mit Texten, Zeichnungen und Video von Jochen Voit und Sophia Hirsch und Live-Musik von Gordon Kampe, aufgezeichnet im Gloria Theater Köln. „Musik der Zeit, Spiel der Kräfte“ lautete der Titel des Konzertes des WDR Sinfonieorchesters unter der Leitung von Baldur Brönnimann gemeinsam mit der Pianistin Tamara Stefanovich. Ein Klangpuzzle der besonderen Art.
Es wurde zwei Wochen lang viel geboten. Im besonderen Focus lagen Kosmos, Comic und die Komponisten Gérard Grisey, Richard Ayres, Frank Zappa sowie Karlheinz Stockhausen. Ein fester Bestandteil von ACHT BRÜCKEN ist der Internationale Kompositionswettbewerb. Im vergangenen Jahr standen die Finalisten Jonah Haven, Anahita Abbasi und Duoni Liu mit ihren Werken schon in den Startlöchern um sie mit dem Kollektiv3:6 Koeln zum ersten Mal erklingen zu lassen. Das Duo Heidi Bayer und Sebastian Scobel sorgte mit dem Programm »Five Noire« aus dem Kölner Jazzclub King Georg am Abend für die Einstimmung zur kleinen »Distanzfeier« am heimischen Bildschirm. "Discontinued Reality", so der Titel des Abschlusskonzerts des ACHT BRÜCKEN Festivals 2021, der auch über der augenblicklichen Gesamtsituation der Musik stehen könnte. Das portugiesische Remix Ensemble Casa Da Música und sein Chefdirigent Peter Rundel setzten den Schlusspunkt des zweiwöchigen Festivals.
Es lohnt sich, das on-demand-Angebot in der Mediathek war zunehmen. Und es kommt sogar noch ein zusätzlicher Stream hinzu: Am 18. Juni um 20 Uhr sendet ACHT BRÜCKEN Tamara Lukasheva mit dem Subway Jazz Orchestra und ihrem Projekt »Homotopie«.
Alle Live-Streams sind in der Mediathek unter https://www.achtbruecken.de/de/mediathek abrufbar.
Und 2022 wird das ACHT BRÜCKEN Festival hoffentlich wieder in den Konzertsälen erlebbar sein.