Moment absoluter Konzentration
Maxwell Oliveira in Hürth
TEXT: Dr. Michael Vogt | FOTO: Jazzclub Hürth e.V.
Tropische Lebensfreude, mitreißende Rhythmen und ganz viel „Saudade“ – am Wochenende entführte der Jazzclub Hürth Musikfreunde aus der Region in die sinnlichen und vielfältigen Musikwelten Brasiliens. Im bis zum letzten Platz gefüllten Jazzkeller auf der Hermülheimer Straße spielte Maxwell Oliveira zusammen mit Christian Kussmann (Bass) und Maxim Zettel (Perkussion). Weitere Verstärkung hatte der brasilianische Gitarrist und Sänger mit dem Flötisten Daniel Manrique mitgebracht, den das Hürther Publikum noch vom furiosen Auftritt des Quartetts «Jin Jim» in Erinnerung hat. Oliveira, der aus Minas Gerais stammt und heute in Rösrath lebt, setzte auf Klassiker der brasilianischen Musik. Lässiges Bossa-Nova-Feeling stand etwa mit Kompositionen Antônio Carlos Jobims im Zentrum des Abends. Die Texte von «Aguas de março» (Wasser des März) oder «Eu sei que vou te amar» (Ich weiß, dass ich dich lieben werde) streichelte Oliveira mit sanfter Stimme, während er mit gekonntem Fingerpicking die schillernde Vielfalt brasilianischer Harmonik vor den Zuhörern ausbreitete.
Andalusischer Einfluss
Brasilianische Populärmusik («Música popular brasileira») sowie eigene Kompositionen bildeten die weiteren Pfeiler des Programms und zeigten eine andere Seiten des Musikers. In «A vida passa» (Das Leben verrinnt) klang seine Stimme etwa wie eine veritable Rockröhre; und Daniel Manrique gab mit überblasenen Flötentönen und Beatboxing eine Kostprobe seiner virtuosen Fähigkeiten. Andalusischer Einfluss schien das Lied «Água, sangue da terra» (Wasser, Blut der Erde) zu prägen, in dem Maxwell die Zerstörung der Natur thematisierte. Für «Girassol» (Sonnenblume) wurde dann schließlich das Publikum eingespannt, das bereitwillig im Wechsel mit dem Künstler sang. Doch der zentrale Moment des Konzerts war, als sich Maxwell Oliveira mit dem großen brasilianischen Gitarristen Baden Powell auseinandersetzte. Powells «Canto da Ossanha» ein rätselhaftes, düsteres Stück, das die afrikanischen Wurzeln der brasilianischen Kultur mit ihren synkretistischen Spiritualitäts-Formen thematisiert, wurde zu einem Moment absoluter Konzentration, der auch Günter Reiners, Vorsitzender des Hürther Jazzclubs, beeindruckte: „Maxwell Oliveira und sein hervorragendes Ensemble sind vom Publikum förmlich gefeiert worden“, betonte Reiners. „ An Abenden wie diesen sieht man die Bedeutung des Jazzclubs für Hürth. Er bürgt nicht nur für Qualität, sondern bringt auch die musikalische Vielfalt unseres Planeten in die Region. Damit ist er längst zu einem unverzichtbaren Baustein unserer Kulturlandschaft geworden“, so Reiners weiter.