Mitmachen ausdrücklich erwünscht Mariza in der Lichtburg
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Christoph Giese
Nein, traurig und melancholisch muss Fado nicht immer sein. Bei Mariza ist er es an diesem Abend in der altehrwürdigen Lichtburg jedenfalls nicht. Die schmale, blond gefärbte Portugiesin mit der Riesenstimme bricht ohnehin schon seit längerem die Grenzen des oft, aber irgendwie nicht richtig zutreffend als portugiesischen Blues genannten Musikstils auf in Richtung anderer musikalischer Genres.
Die poppige Ballade „Sem ti“ kurz nach Beginn ihres Essener Konzertes ist dafür ein schönes Beispiel. Das leicht tänzelnde „Caprichiosa“, eine Cumbia des uruguayischen Komponisten Froilán Aguilar mit Portugal als Thema, ein weiteres. Mariza versteht es geschickt, ihre Musik immer wieder weltoffen zu gestalten.
So verfällt auch niemand in den bequemen Kinosesseln in der Lichtburg in eine dunkle Grundstimmung. Das lässt die Königin des Fado sowieso nicht zu. Denn nur zuhören ist bei Mariza nicht an diesem Abend. Gleich zwei Mal wird das Publikum aufgefordert mitzusingen. Und dabei lässt die Sängerin nicht locker.
Allerdings zieht sich dieses Mitsing-Prozedere minutenlang hin. Und reißt damit beide Male ziemlich aus einer dichten Konzertstimmung. Aber das Publikum mag solche Aktionen, das hört man.
Ihre Band hat Mariza ganz typisch für den Fado mit drei vorzüglichen Gitarristen besetzt. Mit denen kann sie dann problemlos in traditionelle Fadostücke eintauchen. Wenn dann wieder Schwung und weltmusikalische Kraft gefragt sind, gesellt sich Schlagzeuger Vicky Marques zu dem Trio.
So fließt das Konzert dahin, pendelt zwischen intimeren Liedern und einer über die Bühne tanzenden Mariza in dem fröhlichen Gute Laune-Stück „Rosa Branca“. Zur Zugabe bekommt man dann einen Eindruck, wie es in einer kleinen Fadokneipe irgendwo in Lissabon zugeht. Die drei Gitarristen kommen nach vorne und stellen sich ganz eng zusammen. Und Mariza gesellt sich dazu und singt. Alles akustisch, die Mikrofone sind abgestellt.
Ein starker Moment. Aber der richtige Gänsehautfaktor kommt erst ganz am Schluss. Mit dem ziemlich unter die Haut gehenden, weil wahnsinnig leidenschaftlich gesungenen „Ó gente da minha terra“ zollt die charismatische Portugiesin der großen, verstorbenen Fado-Ikone Amália Rodrigues ihre Ehre.