Melancholische Nacht-Wanderung
Vincent Peirani Quintet
TEXT: Vera Marzinski | FOTO: Vera Marzinski
Die vielen Facetten des Ausnahme-Akkordeonisten Vincent Peirani erlebten die Gäste in der Kölner Philharmonie, wo er mit seinem Quintett hauptsächlich Stücke aus dem Album „Living Being II – Night Walker“ präsentierte.
Vincent Peirani wandelt mit seinem Akkordeon durch die Genres. Jazz, Crossover, Weltmusik oder Klassik. Und auch Rockklassikern gibt er einen ganz neuen Klang. Es klingt melancholischer, aber das ist so beim Akkordeon. Da werden Welthits der Kultband Led Zeppelin ganz speziell. „Stairway To Heaven“ ist eingepackt in die Trilogie „Kashmir To Heaven“. Peirani und seine Band langen bei diesem Rock-Segment kraftvoll zu. Tony Paeleman an der Fender Rhodes, Bassist Julien Herné, Drummer Yoann Serra und der brillante Emile Parisien am Saxophon. Das Akkordeon von Vincent Peirani dient dabei häufig zur atmosphärischen Fläche und kommt dann wieder im Wechsel mit dem Saxophon solistisch gut dosiert daher. Dabei kommunizieren die beiden auf besondere Weise. Parisien tanzt dabei fast mit seinem Saxophon. Barfuß hockt Peirani auf seinem Stuhl, entlockt seinem Instrument mal flüsternde und mal tosende Töne, lässt aber seinen Mitspielern ausreichend Raum für eigene Alleingänge. Und dann bringt er König Arthur ins Spiel. Mit „What Power Art Thou“ – aus der Feder des Barrockkomponisten Henry Purcell nimmt er es auch mit diesem Genre auf. Wunderbar dieses Stück, über das auch beim anschließenden Schlange stehen vorm Signiertisch gesprochen wurde. Ebenso wie über das „Le Clown Sauveur De La Féte Foraine“ und „Enzo“, zwei Eigenkompositionen.
Mit elf Jahren begann Vincent Peirani, zunächst mit klassischer Musik, Akkordeon zu spielen. Eigentlich wollte er aber Schlagzeug lernen, doch mit dem Akkordeon gewann er schon im Teenageralter zahlreiche internationale Preise. Mit 16 Jahren entdeckt er den Jazz und beginnt wenig später ein Jazzstudium in Paris. in der Jazzszene Frankreichs einen Namen und spielt schnell mit der Créme des französischen Jazz wie Michel Portal, Daniel Humair, Renaud Garcia Fons, Louis Sclavis oder Vincent Courtois. Parallel verfolgt er zahlreiche eigene Projekte und schöpft dabei aus den unterschiedlichsten Genres – von Jazz, Chanson und Weltmusik über Klassik bis hin zu Heavy Rock. Mit Pianist Michael Wollny ist er mit dem Programm ihres vielbeachteten Albums "Tandem" unterwegs. Als vor einigen Jahren das Debüt »Living Being« des gleichnamigen Quintetts um den Akkordeonisten erschien, war man überrascht, wie stilistisch vielseitig das Tasteninstrument des Franzosen einsetzbar ist. Da zum musikalischen Grundton dieses einzigartigen Quintetts die musikalische Vielfalt gehört, beweist es ebenso viel Esprit und Gefühl für leichtfüßig eleganten Jazz und das melancholisch-charmante Chanson als Instrumental-Variante. Ein wahrer Genuss, dieser nächtliche Spaziergang in der Kölner Philharmonie mit dem Quintett, das dafür natürlich stehende Ovationen des Publikums bekam. Zwei Zugaben des Quintetts folgten und eine Solozugabe des Akkordeonisten, der zeigte, dass er einer der kreativsten Musiker der europäischen Szene ist, der die unterschiedlichsten Emotionen musikalisch umsetzt mit viel Energie.