Bild für Beitrag: Maximale musikalische Energie | Edgar Knecht Quartett auf Burg Lüttinghof
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Maximale musikalische Energie

Edgar Knecht Quartett auf Burg Lüttinghof

Gelsenkirchen, 22.03.2014
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Stefan Pieper Bernd Zimmermann

„Vielleicht lag es an der Stimmung, die heute überall in der Luft lag. Oder auch daran, dass wir uns hier sehr gut gegenseitig hören konnten auf der kleinen Bühne“ hatte Edgar Knecht ein erstes Pausen-Fazit beim Auftritt seines Quartetts auf der Wasserburg Lüttinghof gezogen. Diese Band entfesselte im behaglichen Wohnzimmerflair des gut besuchten Schloss-Saales einen enthusiastischen Spielrausch.

Maximale musikalische Energie wird frei, wenn Edgar Knecht die ganze Kunstfertigkeit klassischer Pianistik mit der Improvisationsfreude von Jazz und Latin vereint. Aber was sind schon musikalische Schubladen für diesen aus dem Sauerland stammenden Pianisten: „Ob das jetzt Jazz ist oder nicht, ist mir völlig egal. Ich habe immer schon gerne improvisiert, schon als Kind auf all den Instrumenten, die in der musikalischen Familie, aus der ich stamme, vorhanden waren. Und die ganzen klassischen Komponisten haben früher auch immer schon improvisiert, egal ob Mozart oder Franz Liszt.“

Auf jeden Fall geht dieser Pianist unverbrauchte Wege, um scheinbar weit voneinander entferntes mit Leichtigkeit miteinander zu vereinen. Denn eigentlich bestehe doch eine „große Verbundenheit“ zwischen alldem. Aktuell sind es vor allem die überaus starken Melodien vieler überlieferter Lieder aus dem 19. Jahrhundert, die sich mit der geballten rhythmischen Dynamik moderner Stilistiken aufladen. Vor allem die Volksliedballaden aus dem 19. Jahrhundert, klassische Kunstlieder und profane Wiegenlieder haben es ihm angetan. Melodien, die schon immer in seinem Kopf waren, die er von seiner Kindheit her kennt. Und die in der heutigen lärmigen Wirklichkeit sonst kaum noch Gehör finden.

Der Einstieg muss stimmen

Edgar Knecht, Piano, Rolf Denecke, Bass sowie Tobias Schulte und Stephan Emig, Schlagzeug und Perkussion lieben auf Schloss Lüttinghof die große Geste: Wie eine riesige Solokadenz improvisiert der Pianist zunächst allein über die Melodie von „Heißa Kathreinerle“. Das ist wie ein gewichtiger Prolog. Ein guter Auftritt ist schon halb gewonnen, wenn der Einstieg stimmt! Dann kommt die Rhythmusgruppe mächtig in Fahrt. Lässt es swingen und vorantreiben, wirft mit verspielten Dreiviertel- und kühnen Fünfviertel-Metren umher und bleibt in jedem Moment ganz direkt an der Pianistik von Edgar Knecht dran. Diese steuert alles in jedem Moment. Wie eine Singstimme liegen die atmenden Melodienbögen des Klaviers über allem. Das bleibt auch so, wenn Edgar Knecht die Tasten mit perkussivem Druck so richtig heiß laufen lässt. Seine Band reitet stets in perfekter Synchronisation auf diesen Wellen mit. Knecht verwandelt, formt um, harmonisiert und setzt Versatzstücke neu zusammen nach allen Regeln kunstvoller motivischer Arbeit wie sie von Beethoven und Co. entwickelt wurden.

Als enthusiastische dramaturgische Steigerung kommen immer wieder Latin-Phrasen ins Spiel. Und in ausgesuchten Momenten beantwortet der Bassist dieses Spiel durch eigene, aber tiefempfunden wirkende solistische Statements. Die Perkussionisten überhöhen all dies durch ihre überkochende Rhythmusarbeit. Im zweiten Teil der Show hängen sich Tobias Schulte und Stephan Emig jeweils eine Snare und eine Bassdrum um und mischen als Marching-Band den Schlosssaal auf.

Die Gedanken sind frei

Edgar Knechts Liebe zu klassischem Bildungsgut war schon früh geweckt, als er als Kind eine Inszenierung von Goethes Faust im Fernsehen sah. Später hat er seiner kleinen Tochter Lieder wie „Die Blümelein sie Schlafen“ vorgesungen. Das tragische Liebenslied von den zwei Königskindern bewegte ihn.

Und jene Hymne von den Gedanken, die frei sind, sollte sowieso ein Standard für jeden aufgeklärten Geist sein. Ausgiebig erläutert Edgar Knecht vor jedem Stück den literarischen Hintergrund und liefert seiner Hörerschaft damit gute Imaginationsvorlagen. So trifft die Botschaft eines jeden Songs auch ohne Worte ins Eingemachte. Die Melodien bleiben im Ohr und im Kopf hängen - auch lange nach dem Konzert. Mit seiner Band und auf seinem aktuellen Album „Dance on deep waters“ hat Edgar Knecht aus alldem eine durch und durch aktuelle Musik geschaffen, die ins Heute passt.

Aktuelle CD
Edgar Knecht Quartett
„Dance on Deep Water“

(erschienen bei Ozella-Music. Übrigens auch als audiophiles 180Gramm-Vinyl erhältlich!)

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