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Eindrücke vom LOVEBIRD FESTIVAL IN DÜSSELDORF

Shogo Seifert Rauke und Shuteen Erdebaatar Quartet

Düsseldorf, 24.06.2025
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Lovebird Festival

Pfingsten fand in Düsseldorf  das Lovebird Festival statt. Jazz stand im Zentrum, aber auch Worldmusic und Pop waren mit im Programm. Uwe Bräutigam besuchte Pfingstsonntag zwei großartige Konzerte von Shogo Seifert Rauke und dem Shuteen Erdenebaatar Quartet.

In diesem Jahr fand das Lovebird Festival in Düsseldorf zum zweiten Mal statt. Das Festival ist ein Nachfolger der Jazz Rally, die 2023 nach 30 Jahren zum letzten Mal stattfand. Auf dem Festival stand der Jazz im Mittelpunkt, aber auch Indie, Soul oder Elektro hatten ihren Platz. An 17 unterschiedlichen Orten in der Innenstadt fanden 37 Veranstaltungen statt. Einige davon waren Open Air und kostenlos, wie an der Sparda Bühne, vor dem Rathaus.

NEXT GENERATION JAZZ

Shogo Seifert Rauke, eine junge Band aus Berlin unter Leitung des Trompeters Shogo Seifert spielte das erste von drei aufeinander folgenden Konzerten im Theatermuseum in Kooperation mit der Zeitschrift JAZZthing. Die Zeitschrift gibt die CD Reihe  Jazz thing next Generation heraus und drei Bands aus dieser Reihe waren zu Gast auf dem Festival. Neben Shogo Seifert Rauke, das Driftwood Quartet und das Lukas Mohl Trio.

Den Bandnamen Rauke (der deutsche Name für Ruccola), wählte Shogo Seifert wegen seines Klangs und seine Mitspieler wohl auch. Neben Shogo Seifert an Trompete und Flügelhorn, sind am Piano Arseny Rykov, am Kontrabass Vincent Niessen und am Schlagzeug Johannes Metzger. Die Musik von Shogo Seifert entsteht aus emotionaler Verbindung, ein handwerklich abstrakter Ansatz ist ihm fremd. Die Band spielte lauter Kompositionen von Seifert, einige stammten aus dem Album Causes of Imagination (Jazz thing Next Generation Vol. 107). Wobei die Musik schon sehr anders klang, da auf dem Album noch Streichquartett und ein Keyboard dabei sind.

ACHTSAME GEGENWÄRTIGKEIT

Das Eröffnungsstück des Konzertes Uso ist auch das Eingangsstück des Albums. Shogo spielte dabei auf dem Flügelhorn. Die Musik war vielschichtig, mit langen Spannungsbögen und vielen rhythmischen Finessen. Dringliche Trompetensoli, grooviges Klavier, stürmisches Schlagzeug und kräftiges Bass Pizzicatos, wechselten mit elegischem Flügelhorn, gestrichenem Bass, lyrisch romantischem Klavierpassagen und feinfühligen Besen am Schlagzeug ab.

Shogo Seifert hat eine japanische Mutter, daher sein ungewöhnlicher Vorname. Der japanische Anteil in seiner Sozialisation spielt in seiner Musik eine große Rolle. Der spirituelle Lebensstil seiner Mutter, eine klassisch ausgebildete Pianistin, hat ihn stark beeinflusst. Was nicht bedeutet, das japanische Musik in seine Kompositionen einfließt, es geht eher um eine innere Haltung. Sein ganzes Spiel war auf eine achtsame Gegenwärtigkeit ausgerichtet, er war jeden Moment bei sich und vor allem auch bei seinen Mitspielern. Die junge Band hatte einen hervorragenden Ensembleklang, ein wunderbares Miteinander. Leider war aus organisatorischen Gründen nur eine Stunde Zeit für das Quartett. Das Publikum hätte sie gern noch länger gehört.

Die aus der Mongolei stammende Pianistin Shuteen Erdebaatar spielte mit ihrem Quartett im Düsseldorfer Goethe Museum. Shuteen wird zu Recht als eine der größten Entdeckungen der letzten Jahre im deutschen Jazz gehandelt. Sie begann ihr Konzert mit einem längeren Piano Intro. Leicht beschwingt und lächelnd spielte sie auf dem Klavier und fesselt das Publikum von der ersten Minute, man wähnt sich bei einem Solokonzert von Keith Jarrett. Nach ein paar Minuten setzte dann die Band ein. Das Shuteen Erdebaatar Quartet ist Gewinner des Deutschen Jazzpreis 2024. Aber auf dem Konzert in Düsseldorf hatte sie eine Besetzung ohne ein einziges Mitglied ihrer ursprünglichen Band. An Altsaxophon und Blockflöte spielte Jakob Manz und am Bass ist Caris Hermes, WDR Jazzreisträgerin, beide sind ebenso wie die Pianistin Shuteen Erdenebaatar, Rising Stars der jungen deutschen Jazzszene. Der Platz am Schlagzeug wurde  kurzfristig mit dem  ungemein talentierten Leo Asal besetzt. Leo Asal ist nicht nur als Drummer erfolgreich, sonder auch als Komponist und Producer. Mit dieser All-Star Band konnte Shuteen ihre Musik wunderbar zum klingen bringen. Und die Freude der Musiker*innen am gemeinsamen übertrug sich auch auf das Publikum.

SHUTEEN ERDENEBAATAR QUARTET – TRAUMHAFTE MUSIK

Das Konzertprogramm bestand  fast ausschließlich aus Eigenkompositionen, der vor sechs Jahren von Ulanbator nach München übergesiedelten Musikerin. Die meisten der Stücke stammten aus dem internationalen Debütalbum Risung Sun. Nomen est Omen, im Konzertsaal ging buchstäblich die Sonne auf, während es draußen regnete und stürmte. Shuteen erzählte mit ihren Stücken Geschichten, in die sie mit ihrer Moderation kleine Einführungen gab. Mit ihren Kompositionen setzte sie Gefühle und Stimmungen in Musik um. So berichtete sie von ihrem Gefühl der Fremdheit in der ersten Zeit in München, alles war anders als in ihrer Heimat Mongolei, die Sprache, das Essen, und die Sitten.

Aber dann entdeckte sie bei einem Ausflug die bayrischen Alpen und bekam ein Heimatgefühl. Diese Erfahrung hielt sie musikalisch in dem Titel An Answer from a distant Hill fest. Jakob Manz spielte hier statt des Altsaxophons die Blockflöte, aber ebenso expressiv wie sein Saxophon. Neben der wunderbaren Pianistin brillierte besonders Jakob Manz mit seinen Saxophon- und Flötensoli. In dem Stück war auch ein herausragendes Duo von Caris Hermes am Bass und Leo Asal an den Drums zu hören. Das deutlich zeigte, welch großartige Rhythmusgruppe hier auf der Bühne war.

EINE MUSIK VOLLER SCHÖNHEIT

Bei Shuteen ist oft ein Erlebnis oder eine besondere Erfahrung der Ausgangspunkt für eine Komposition. Dann stellt sich meist schnell auch ein Titel ein. Aber manchmal fällt ihr auch kein Titel ein. Als sie an ihrem 21. Geburtstag ein Stück schrieb, fand sie partout keinen Titel für ihr Stück. Die verzweifelte Titelsuche dauerte länger als der Kompositionsprozess. So entschied sie einfach die Zahl der Tage 7671, die sie gelebt hatte, als Titel zu wählen und dann bemerkte sie, dass die Quersumme der Zahl genau 21 beträgt, ihr Lebensalter in Jahren.

Und natürlich tat ein Stück wie Summer Haze, mit dem sie ihre Vorfreude auf den Sommer ausdrückte, in dem Düsseldorfer Schmuddelwetter gut. Die Musik war beschwingt, aber auch tiefgründig und Shuteen vermittelte dabei immer ein Gefühl von Leichtigkeit. Perlende Klavierpassagen, die an Debussy erinnerten, verbanden sich mit Jazzharmonien und ab und an blitzt auch mongolische traditionelle Musik auf. Aber selbst ein mongolisches Volkslied, das im Klavier Intro deutlich asiatische Klänge aufwies, überführte sie in straighten Jazz. Das Klavierspiel von Shuteen Erdenebaatar ist zutief  lyrisch, selbst in schnellen und perkussiven Passagen ist die lyrische Grundierung zu spüren. Eine Musik voller Schönheit, mit einer breiten Palette an Klangfarben, melodisch und harmonisch spannend.  Das Konzert des Shuteen Erdebaatar Quartet war ein außergewöhnliches Konzerterlebnis. Und die Leiterin des Goethe Museums, hatte wirklich Recht, als sie zur Begrüßung sagte: „Gut, das sie heute hier sind.“

 

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