Bild für Beitrag: Legendentreffen im Jahr 2014 | Lee Konitz Trio im Alten Pfandhaus in Köln
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Legendentreffen im Jahr 2014

Lee Konitz Trio im Alten Pfandhaus in Köln

Köln, 16.04.2020
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker | FOTO: Heinrich Brinkmöller-Becker

Gestern ist der große Saxofonist Lee Konitz in New York verstorben. Er spielte gerne in Europa, lebte phasenweise in Köln - und seine vielen Gastspiele in NRW bleiben unvergessen. Eine Review aus dem Jahr 2014 macht die Erinnerung lebendig:

Mit 86 Jahren auf der Bühne zu stehen und mit dem Altsax „seinen“ Ton und „seine“ Musik“ spielen zu können, ist eine Gnade. Man merkt dem gut gelaunten und selbstironischen Lee Konitz an: Es macht ihm Spaß und Freude, die in seinem langen Künstlerleben sicherlich tausendfach gespielten Standard-Themen wie „All The Things You Are“, „Body And Soul“, „Blue Valentine“, „Darn That Dream“ oder etwa „What Is This Thing Called Love“ wieder aufzugreifen und als Spiel-Material Thomas Rückert am Piano und Henning Gailing am Kontrabass zuzuwerfen. Sicher, in dem Alter spielt man keine 10-minütigen–Soli, aber Lee Konitz gelingen wundervolle Miniaturen, die sich aus dem oben genannten Material von „Our Favoured Standards“ – so der Titel des Abends – speisen. Diese Standards werden jedoch dem Credo von Konitz, wie Thomas Rückert erläutert, „Don’t play what you know“ entsprechend verziert und variiert. Sie dienen als Vorlage für eine intim-kammermusikalische Improvisation. Bei dem Lee Konitz Trio spürt man sofort: Hier spielen drei Musiker zusammen, die sich kennen und schätzen, die kleine unaufdringliche, aber um so wirkungsvollere musikalische Stimmungen erzeugen.

Die Läufe und Akkordwechsel wollen nicht überwältigen, sondern sind filigran aufeinander bezogen. In dieser Interaktion strebt keiner der Drei ein solistisches Kraftprotzen an, sondern sie erfinden im spontanen Spiel immer wieder neue Wendungen und erreichen eine entspannte Leichtigkeit. Die relativ kurzen und immer wieder intermittierenden Linien von Konitz’ Altsax und seinen im Vergleich zu früheren Auftritten häufigen Sing- und Summ-Einlagen werden vom Piano und dem Bass aufgenommen und von Thomas Rückert und Henning Gailing in eine raffiniert verspielte Magie umgesetzt. Die poetischen Akzente des Klaviers finden sich im Bassspiel von Henning Gailing wieder. In der drumlosen Combo gelingt Gailing ein feiner Groove mit einem fetten Basssound und feinsinnigen melodiösen Phrasierungen und Soli. Die Drei kennen sich in der Tat schon lange, für Thomas Rückert und Henning Gailing ist Lee Konitz Vorbild und Mentor gewesen. Henning Gailing weist auch darauf hin, dass das offene Zusammenspiel gemäß dem obigen Credo nicht immer einfach sei und auch das Risiko des Scheiterns und damit der Irritation der Musiker und des Publikums berge. Dass es jedoch im Falle des Gelingens eine unglaublich dichte und beglückende Erfahrung für Musiker und Zuhörer bedeutet, kann man an dem Abend im Alten Pfandhaus nachvollziehen.

Die räumliche Atmosphäre hier begünstigt übrigens einen unmittelbaren Kontakt zwischen den Künstlern und dem Publikum, Lee Konitz hat ersichtlich Freude daran, sich direkt ans Publikum zu wenden, hier ironisch eine Tanzmusik anzukündigen, dort auf einen Kinderruf oder aufblitzende Smartphone-Knipser zu reagieren oder das Konzertende damit einzuleiten, dass er ins Bett müsse. Dies schafft neben der ruhigen Musik eine äußerst konzentrierte Dichte und entspannte Stimmung im Saal, die mit der kontemplativen Klangarchitektur des Trios wunderbar korrespondieren.

Den im Alten Pfandhaus plakatierten Film von Axel Engstfeld über den ebenfalls in Köln ansässigen und verstorbenen Charlie Mariano hat Konitz nicht gesehen, natürlich habe man sich ab und zu getroffen, mehr möchte er backstage zu dem vier Jahre älteren Musiker nicht sagen. Als Lee Konitz auf seinen Legendenstatus angesprochen wird, guckt er mich mit hochgezogenen Augenbrauen an und stellt richtig: „A living legend!“ und prustet vor Lachen.

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