Lebendiger Raum fürs Experimentieren
„Klangbilder“ zelebrierte die Magie der Improvisation
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker | FOTO: Heinrich Brinkmöller-Becker
Improvisation traf auf Improvisation: Bei der aktuellen Ausgabe der Reihe „Klangbilder" verschmolz das freie Spiel im Trio von Isabel Rößler, Achim Kaufmann und Martin Blume mit dem Fluxus-Geist der Ausstellung „How We Met" im Rahmen der "Klangbilder"-Reihe zu einem Gesamtkunstwerk des Augenblicks.
Die Galeristin Inge Baecker gründete 1970 eine Galerie für die Avantgarde-Kunst in Bochum, ihren Nachlass vermachte sie dem Kunstmuseum Bochum, Anlass für das Museum, daraus die sehenswerte Ausstellung „How We Met“ zu Fluxus zu kreieren. Das Museum schafft im Rahmen dieser Ausstellung einen lebendigen Raum fürs Experimentieren, für lustvolle kollektive Erfahrung, basierend auf Improvisation und Konzentration auf den künstlerisch-kreativen Prozess, auf den Akt der Performance. Und genau dazu passte das Konzert der von Martin Blume kuratierten Reihe ‚Klangbilder‘. Nicht immer können diese Konzerte in einem so perfekten thematischen Kontext der aktuellen Ausstellungen im Kunstmuseum stattfinden wie jetzt in ihrer aktuellen Ausgabe, verkörpert die Reihe quasi als Label den Geist von Improvisation und Instant Composing. Free Jazz und improvisierte Musik haben bekanntermaßen dieselbe DNA wie die Fluxus-Bewegung, erinnert sei exemplarisch an Peter Brötzmanns Werdegang als bildender Künstler und Musiker, im Wesentlichen initiiert durch die Begegnung mit Nam June Paik in der Wuppertaler Galerie Parnass.
Vom Powerplay geht es unmerklich in stillere Klangräume
Mit der Kontrabassistin Isabel Rößler und dem Pianisten Achim Kaufmann hat Martin Blume ein Trio zusammengestellt, das einen wahrhaft geglückten und, ja: beglückenden musikalischen Abend ganz im Fluxus-Spirit gestaltet. Im ersten Set geht es gleich in die Vollen: Wuchtige Akkordsprünge und Läufe auf den Tasten und Saiten des präparierten Flügels, unbändiges Traktieren des Kontrabasses als in seinem Potenzial unendlich scheinenden Klanggenerator, dazu ein subtil die Klangfarben und rhythmischen Figuren aufgreifendes Drumset. Dem Zusammenspiel der Drei gelingt eine erstaunlich suggestive Dichte, eine Spannung, die das gesamte Konzert über anhält. Wesentlichen Anteil an dieser Wirkung hat der Umgang des Trios mit den Dynamik-Wechseln: Das Powerplay geht unmerklich über in stillere Klangräume: ein Schaben mit den Fingernägeln auf den Saiten des Tieftöners etwa oder der Ansatz eines Patterns, dazu glockenhafte Saitenvibration am Piano und lautmalerisches Bearbeiten des Percussion-Sets. Verblüffend, wie es dem Trio gelingt, auch ruhigere Phasen ihres Spiels mit spannenden Soundexperimenten zu füllen.
Dann als Fanal ein akustisches Ausrufezeichen des Pianisten, das eine Umkehr in eine wieder energetisch aufgeladene Phase bis zum Kulminationspunkt einleitet. Wie das Trio an dem Abend mit der Steuerung von Dynamik umgeht, wie dabei kunstvoll-phantasiereiche Klangabenteuer generiert werden und ein beeindruckend homogener Gruppen-Sound entsteht, das ist Improvisationskunst vom Feinsten. Im – kürzeren - zweiten Set geht Isabel Rößler mit einem Gummi-Mallett über den Körper ihres Instrumentes, Klavier und Drums nehmen die Sound-Idee auf. Es entwickelt sich ein entspannter filigraner Dialog, kontinuierlich perkussiv-rhythmischer akzentuiert und zur Klimax vorangetrieben.
Dem Flow der musikalischen Performance könnte man ohne Ende weiter folgen. Ein gelungener Abend mit seiner Magie der Improvisation ganz im Sinne von Fluxus! Bestimmt hätte er auch Inge Baecker gefallen.














