Lady in Gold
Lakecia Benjamin begeisterte in der Kölner Philharmonie
TEXT: Vera Marzinski | FOTO: Vera Marzinski
Lakecia Benjamin - Goldene Klänge in der Kölner Philharmonie
Lakecia Benjamin ist ein exaltierter Shootingstar aus New York und hat eine besondere Art, ihr Alt-Saxophon zu spielen. Die Systemsprengerin und Hoffnung einer ganzen Branche – so stand es im Programmheft der Kölner Philharmonie. Ganz in Gold – bis auf die weißen Stiefel – kam sie auf die Bühne der Kölner Philharmonie.
Für ihre Glanzoutfits ist sie bekannt – und natürlich für ihr fulminantes Saxophonspiel. „Celebrate Now! Enjoy!" rief sie dem Publikum zu, und noch bevor sie einen Ton gespielt hatte, war das Publikum begeistert. Charmant und selbstbewusst präsentiert sich die „Systemsprengerin und Rampensau in Personalunion". Sie weiß, wie man Stimmung macht. „Heute Abend feiern wir Frauen im Jazz, aber auch Frieden", forderte Lakecia Benjamin. Damit wolle sie ein Signal setzen, dass Frauen im Jazz weitaus mehr sein können als nur adrette Background-Musikerinnen. Sie sei zum ersten Mal in Köln und „vielleicht komme ich ganz nach Deutschland – in Amerika läuft es gerade nicht so gut". Um ein Visum zu bekommen, fragte sie gleich mal nach, ob heiratswillige Männer im Publikum wären. Ihre unstillbare Lust, mit dem Publikum zu interagieren, gepaart mit unbändiger Energie und ihrer besonderen Art, das Alt-Saxophon zu bespielen, begeisterte.
John Coltrane ist ihr großes Vorbild
Ihr großes Vorbild ist John Coltrane. Was aber mit dem Altsaxophon vor ihr noch niemand probiert hat, sind diese elegischen Synkopen, gepaart mit einem Wahnsinnsspiel auf ihrem Instrument. Dazu ihre mitreißenden Moderationen, die fließend in einen Rap-Sprechgesang übergingen. Wie ein hypnotischer Kreisel zog ihr Spiel immer tiefer in einen Sog hinein. In Köln spielte die Ausnahme-Altsaxophonistin Stücke aus ihrem Album „Phoenix", wie „Amerikkan Skin", aber auch ein „Amazing Grace" – im Benjamin-Stil – war dabei.
Und ihre Band nahm sie gleich zu Beginn mit hinein und ließ den drei Musikern auch viel Raum für Soloparts. Zum einen ihr langjähriger Bassist Elias Bailey, dann Drummer Dorian Phelps – ein aufstrebender Stern der Jazzszene aus Indianapolis. Seit er im Alter von nur einem Jahr ein Paar Drumsticks in die Hand nahm, ist Dorian, dank seines legendären Vaters, dem Jazz-Schlagzeuger Kenny Phelps, in die Musik eingetaucht. Pianist beim Benjamin-Konzert in der Kölner Philharmonie war John Chin. Ein 1976 in Seoul geborener, US-amerikanischer Jazzmusiker, Pianist, Komponist und auch Keyboarder des Modern Jazz. Unter eigenem Namen legte Chin bislang drei Alben mit Eigenkompositionen vor. Das Trio um Lakecia Benjamin hatte – wie die Lady in Gold – Weltklasse.
Wie Phoenix aus der Asche
Lakecia Benjamin ist im New Yorker Latino-Viertel Washington Heights aufgewachsen, spielte in Salsa- und Merengue-Bands und trat nach ihrem Musikstudium unter anderem bei Stevie Wonder, Harry Belafonte, Alicia Keys und Missy Elliott auf. 2008 spielte sie bei Barack Obamas Amtseinführung und ging danach drei Monate mit Stevie Wonder auf Tournee. Die charismatische und dynamische Saxophonistin wurde im Downbeat Critics Poll 2020 zur aufstrebenden Altsaxophonistin und von der Jazz Journalists Association zur aufstrebenden Künstlerin des Jahres gewählt. Mit ihrem Album „Pursuance", einer Hommage an John und Alice Coltrane, sorgte Lakecia Benjamin international für Aufsehen. Aber nicht nur mit beeindruckender Livepräsenz, sondern auch als charismatische Integrationsfigur setzt die Altsaxofonistin Akzente.
Bei einem schweren Autounfall im September 2021 trug sie schwere Verletzungen davon, darunter einen gebrochenen Kiefer. Das nächste Wunder hat sie selbst geschaffen: Nur vier Monate später ging sie in Europa auf Tournee. Wille, Disziplin, Mut und den Blick nach vorn. „Phoenix" steigt zwar nicht aus der Asche auf, aber von einem Schicksalsschlag, der sie auf den Boden geworfen hatte. Anfang 2023 legte Benjamin dann das Album „Phoenix" vor. Sie war künstlerische Leiterin des „Burlington Jazz Festivals", erhielt in der Kategorie „Blasinstrumente international" den Deutschen Jazzpreis 2023 und bei den Grammy Awards 2024 bekam sie drei Nominierungen. Nach dem Kölner Auftritt im April 2025 ging es nach Italien zum „Turiner Jazzfestival" und über das „Tbilisi Jazz Festival" in Georgien wieder nach Deutschland zum „Jazzfrühling Kempten".
Sie sei fest davon überzeugt, „dass dein Äußeres eine Darstellung deiner Musik ist, bevor sie überhaupt gehört wird". Bei ihr verschmelzen traditionelle Konzepte von Jazz, HipHop und Soul. Und ihr „Celebrate Now! Enjoy!", wie sie dem Publikum in Köln zu Beginn ihres Konzertes zurief, war auch sichtbar für sie selbst und ihr Trio während des gesamten Programms – ein glanzvolles Erlebnis für alle.