Kultivierte Symbiose
Markus Stockhausen und Ferenc Snetberger im Parkhotel Engelsburg
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Stefan Pieper
Trompete und akustische Gitarre – zwei Instrumente, die auf den ersten Blick wie ein ungleiches Paar wirken. Umso erstaunlicher ist der musikalische Konsens, der zwischen Markus Stockhausen und Ferenc Snetberger bei ihrem Auftritt im Parkhotel Engelsburg entsteht, und die magische Symbiose, die sich im Laufe des Abends entfaltet.
Das Parkhotel Engelsburg in Recklinghausen hat schon viele prominente Menschen, die hier abgestiegen sind, beherbergt. Seit einem Jahr steht in einem stilvollen Saal dieses Grandhotels auch die musikalische Prominenz auf der Bühne – wenn nämlich die Konzertreihe FineArtJazz hier in Verbindung mit einem festlichen Dinner ihren Saisonabschluss begeht. Diesmal stand der Trompeter Markus Stockhausen zusammen mit einem langjährigen Duopartner, dem ungarischen Gitarristen Ferenc Snetberger, auf der Bühne.
Und damit gehörte die Bühne zwei Menschen, die wie kaum andere aus reicher Erfahrung und noch aus dem Moment heraus Neues entstehen lassen. Markus Stockhausen , Jazztrompeter mit Leib und Seele und Sohn des visionären Komponisten Karlheinz Stockhausen, und der ungarische Gitarrist Ferenc Snetberger machen seit Jahrzehnten gemeinsame Sache – dass hier ein symbiotischer Konsens besteht, war vom ersten Ton an hörbar. Trompete und akustische Gitarre, da scheint allein schon von der Lautstärke her das eine das Gegenteil vom anderen zu sein. Das funktionierte aber in der Engelsburg so traumhaft gut, eben weil Stockhausen und Snetberger so spielen, wie sie es tun. Tief lyrisch und melodiös schmeichelt das Spiel der beiden den Ohren und der Seele. Aber die Ausdrucksbandbreite in den folgenden 90 Minuten sollte weit über die Wohlfühldiktion eines besinnlichen Vorweihnachts-Dinner-Konzertes hinausgehen. Weite Horizonte überspannte gleich zu Beginn eine große „Landscape-Suite“. Die Wärme im Spiel dieses Duos bietet immer genug emotionale Zuflucht, aber ständig öffnen sich neue Räume für fantasievolle, unerschöpfliche Improvisationen, für intime Zwiegespräche, aber auch kraftvoll pulsierende Ausbrüche.
Intuitive Einfühlungsgabe in Stimmungen und Emotionen
Auf offener und gedämpfter Trompete, auf Flügelhorn und einer filigranen Pocket Trumpet zelebriert Stockhausen seine intuitive Einfühlungsgabe in Stimmungen und Emotionen. Was der ungarische Gitarrist Snetberger dazu auf der Gitarre einfällt, ist schlicht atemberaubend. Seine Griffhand ist meistens eher im Ruhezustand, aber die linke Hand agiert in rastlosem Fingerpicking wie ein ganzes tanzendes Orchester auf Hochtouren. Das Vokabular ist riesig, manchmal wirkt es flamencoartig, oft auch sehr osteuropäisch, zwischendurch rockt es auch stürmisch nach vorne. In lyrisch weitgespannten Bögen schleichen sich Seitenthemen in anderen Klangfarben ein, was immer wieder für ergreifende Kontrastwirkungen sorgt. Auch wurde es mal perkussiv, als Stockhausen die Trompete beiseite legte und den Gitarristen auf einer Kalimba begleitete.
Kultivierter und beseelter hätte man das Musikjahr dieser umtriebigen Konzertreihe nicht beschließen können. Veranstalter Bernd Zimmermann hatte vorher eine kleine Dankesrede an sein Publikum gerichtet, das ihm auch in diesem Jahr – bei nicht weniger als insgesamt 25 Konzerten – die Treue hielt - was eben in Zeiten einer existenziell bedrohten freien Kulturszene um so mehr bedeutet.