Konzertabend mit Seltenheitswert
Wakenius & Możdżer
TEXT: Bernd Zimmermann | FOTO: Bernd Zimmermann
So ein Konzertabend hat Seltenheitswert. Selbst beim Jazz. Eine kaum noch in Worte zu fassende Virtuosität und Musikalität, eine berauschende Spielfreude und musikalische Vielfalt und das gepaart mit einem sehr begeisterungsfähigen Publikum.
Freitagabend im domicil. Das Jazzlabel ACT schickt seine Künstler aus, um mit den Fans sein 20jähriges Bestehen zu feiern. An diesem Abend: der polnische Pianist Leszek Możdżer, der Schwede Ulf Wakenius und der Franzose Vincent Peirani.
Ulf Wakenius, einer der wohl Vielseitigsten seiner Zunft, brachte den französichen Akkordeonspieler Vincent Peirani mit. Sie präsentierten die Stücke der neuen CD von Ulf Wakenius "Vagabond" und nahmen das Publikum mit auf eine Weltreise. Von Nordamerika mit einer Komposition von Jim Pepper "Witchi-Tai-To" über Bagdad ("Breakfast in...") , Istanbul und Schweden ging die Reise weiter über die Bretagne bis nach Japan. Dabei brachte Wakenius nur seine Akustik-Gitarre mit.
Den Konzertabend eröffnet hatte Leszek Możdżer. Der polnische Ausnahmepianist, der es mit seiner CD "Komeda" ganz nach oben in die polnischen Charts schaffte. Er spielte bereits mit Jazzikonen wie Tomasz Stańko, Michał Urbaniak und Pat Metheny, Lester Bowie, Arthur Blythe und Archie Shepp.
Die besondere Entdeckung des Abends, weil hierzulande noch nicht so bekannt, war dabei aber Vincent Peirani. Äußerst sympathisch entlockte er dem Akkordeon wunderbare Soli, unterlegte das Spiel von Ulf Wakenius mit warmen begleitenden Akkorden und demonstrierte bei gemeinsamen Melodienfolgen mit der Gitarre seine unglaublichen handwerklichen Fähigkeiten. Das Publikum explodierte regelrecht nach jedem Stück. Zu dem sonst üblichen Zwischenapplaus kam es gar nicht, weil die Zuschauer vor lauter Faszination über das, was die beiden boten, dies schlecht vergaßen.
Es war zu hören, dass Możdżer, geprägt duch seine Ausbildung die klassische Musik in seine Jazzimprovisation und Variationen einzubauen weiß. Sein Spiel ist hell und klar, anregend melodisch und dann aber auch wieder fordernd. Możdżer spielt nicht auf dem Flügel, er malt mit ihm. Dabei teilweise mit einem solchen Strauß von Klangfarben, dass sich die meist geschlossenen Augen der Hörer unweigerlich öffnen und nach einem zweiten Pianisten suchten. Możdżer spielte an diesem Abend fast ausschließlich Stücke seiner CD Komeda, eine der schönsten Klavier-Solo-CDs.
Ulf Wakenius, der sich stets zurückhaltende Meister der Jazzgitarre, der lieber seinen Entdeckungen wie Youn Sun Nah oder eben diesem Vincent Peirani die Mitte der Bühne überlässt, entlockte ohne elektronischen Hilfsmitteln seiner Gitarre die vielfältigsten Töne. Ob arabische Oud, nordamerikanische Westerngitarre oder die japanische Samisen. Einfach nur faszinierend.
Gegen Mitternacht ging dieser Konzertabend mit Seltenheitwert zu Ende. Voller Emotionen und erfüllt von einer berauschenden Musik ging das Publikum um Mitternacht sehr zufrieden nach Hause.