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Kommunikative Kraft

Stefan Bauers Band machte vieles anders in diesem Jahr

Dortmund, 24.12.2024
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Stefan Pieper

Der Titel "Wir können auch anders" ließ bereits erahnen, dass bei den Konzerten in Warendorf, Recklinghausen, Dortmund und Essen der künstlerische Rahmen noch weiter gespannt werden sollte. Und tatsächlich beschritt dieses Septett neue Wege. Die Besetzung – zwei Schlagzeuger: Michael Peters und Jonny Schierhorn, zwei Gitarren: Fred Tenbieg und Ingo Marmulla , Stefan Bauers Mallet-Instrumente sowie Claudia Ramos Barreto an Gesang und Violine, ergänzt durch Alex Zotz am E-Bass und Tuba – formte quasi eine "Double Band". Dies versprach nicht nur ein druckvolles Breitwandformat, sondern entfaltete auch eine sinfonische Klangfarben-Pracht, besonders in den feinsinnigen und sensiblen Stücken. Stefan Bauers ausgeprägtes Gespür für wirkungsvolle Konzert-Dramaturgien übertrug sich spürbar auf seine Mitmusiker und das Publikum, das die Band am Ende dankbar feierte. Seine Kompositionen tragen dabei stets eine progressive, unverkennbare Handschrift. Bei aller solistischen Brillanz vereinen sich alle Beteiligten zu einem harmonischen Kollektiv, vor allem das zählt. Gleichberechtigung spielte dabei eine wichtige Rolle: Alle Beteiligten durften ihre Eigenkompositionen einbringen, was die kreative Vielfalt des Abends noch verstärkte.

Gegen den Wahnsinn da draußen

Mit entspanntem Groove und marimba-getränktem Karibik-Feeling startete der Abend – ein willkommenes Gegenmittel zur Nasskälte draußen und mehr noch zum Wahnsinn der Welt. Ein besonderer Moment war die Interpretation von „Samba em Prelúdio“ von Baden Powell, die eine sanfte und zugleich leidenschaftliche Atmosphäre erzeugte. Die brasilianische Melancholie des Stücks wurde durch die zarten, gesanglichen Vokalisen von Claudia Ramos Barreto perfekt eingefangen, die mit ihrer Stimme die träumerische Harmonik des Stücks auskostete. Die großzügige Domicil-Bühne verlieh dem Klangbild zusätzliche Transparenz. Bauers Mallet-Instrumente, diesmal hintereinander aufgebaut, erhielten dadurch eine noch prägnantere Rolle. Die Klänge des Vibrafons schwebten wie glitzernde Lichter über dem Geschehen und definierten mit hoher Präzision die komplexen harmonischen Strukturen. Mit funkigem Groove nahm das Konzert weiter Fahrt auf – ruhig pulsierend, nie hektisch, wie auf einem weiten, leeren Highway. Jeder Musiker bereicherte das Ensemble auf seine eigene Weise. Besonders die sphärischen Violintöne von Claudia Ramos Barreto brachten eine ganz neue Farbe in die Sache. Als Sängerin griff sie immer wieder ins Geschehen ein, fast überirdisch anmutend, wenn sie in zarten Vokalisen die Poesie der Dissonanzharmonien auskostete. Ein besonderer Moment war Claudia Ramos Barretos Interpretation einer hinreißenden Baden-Powell-Ballade im Duett mit Stefan Bauer am Vibraphon. Ihre kristallklaren Vokalisen wirkten oft wie aus einer anderen Sphäre, besonders wenn sie sich mit den leuchtenden Klangfarben der Besetzung vereinten.

Positive Energien

Das Publikum wurde einmal auch zum Mitklatschen animiert – nicht als populistische Anbiederungsgeste, sondern als geschickte Interaktion in eine Nummer, die wie ein charismatisch neu aufbereitetes Jazz-Standard anmutet. Ellington? Dizzy Gillespie? Nein – die Nummer "Waiting for David" stammte von Gitarrist Ingo Marmulla . Stefan Bauers Kompositionen schreiben stets neu das Roadbook eines Lebens voller weltweiter Erfahrungen. "Worlds Collide", entstanden unter dem Eindruck des beginnenden Balkankriegs in den 80er Jahren, besitzt erschreckende Aktualität. Anfangs spielen alle Instrumente gegeneinander, doch der entstehende polymetrische, polytonale Sog entwickelt zunehmend positive Energie, der auch viel Zuversicht innewohnte.

Ein sehr langes Stück am Ende des zweiten Sets offenbarte Stefan Bauer als vielseitigen Komponisten und authentischen "Welt-Musiker", geprägt von seinen Konzertreisen nach Afrika und der Zusammenarbeit mit dortigen Musikern. Während er von seinen frühen Afrika-Erlebnissen erzählte, nahmen die Schlagzeuger Michael Peters und Jonny Schierhorn dezent den Rhythmus auf. Der Raum begann zu vibrieren, als sich die ersten Rhythmen wellenartig ausbreiteten. Es entwickelte sich einmal mehr zu einer großartigen Zelebration jener "kommunikativen Kraft der Musik" – Bauers Motto nicht nur für dieses Stück, sondern für den gesamten Abend, ja eigentlich für die ganze Welt.

Bauers Marimba- und Vibraphonspiel orientierte sich stark an den pentatonischen Tonfolgen, die er einst in Ghana von Bernard Woma, einem renommierten Balafon-Spieler, erlernte. Einer der Schlagzeuger setzte die für afrikanische Talking-Drums charakteristischen schneidenden Impulse. Solistische Duelle zwischen den Schlagzeugern sowie den Gitarristen Fred Tenbieg und Ingo Marmulla steigerten sich wie hochschlagende Wellen. So spontan und natürlich dies auf der Bühne wirkte, so intensiv war die Vorbereitung. Wie Bauer später dankbar anmerkte, investierten alle Musiker trotz ihrer vielfältigen anderen Projekte und Termine viel Zeit in die Probenarbeit für dieses aufwändige Projekt. Und mit einem lässigen Blues von Ornette Coleman bedankte sich die Band für den langen Applaus, in dem tiefe, echte Empfindung mitschwang.



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