Kit Downes feat. Ben van Gelder
Jazz auf der Klais-Orgel
TEXT: Vera Marzinski | FOTO: Vera Marzinski
Die Klais-Orgel mal nicht barock oder klassisch, sondern schnaufend, fiepend und mit viel Improvisation durch Kit Downes. Zunächst Solo und mit Saxophonist Ben van Gelder im zweiten Teil – da klang es etwas harmonischer.
Allerdings nur etwas, denn auch hier entführten die beiden Musiker in eine Improvisationswelt. Als Zuhörer musste man sich drauf einlassen – was aber nicht schwerfiel, denn es war ein mehr als faszinierendes Konzert. Wenige Tage vor Weihnachten, aber ganz ohne vorweihnachtliche Musikanklänge. In kobaltblau angestrahlt – die Klais-Orgel der Kölner Philharmonie. Sie erstrahlte förmlich ob der ungewohnten Klänge, die ihr entlockt wurden. Mitten auf der Bühne Kit Downes am Spieltisch. Behände flogen die besockten Füße und seine Finger über Tasten und Pedale. Downes ist ein Meister der Improvisation und ging auch in Köln voll darin auf. Der 36-jährige Brite ist einer der weltbesten jungen Jazzmusiker - nicht nur als Pianist und Keyboarder, sondern auch als Organist. Seine frühen Erfahrungen auch als Kirchenmusiker ermöglichen ihm einen umfassenden Zugang zur „Königin der Instrumente“, deren klanglichen Möglichkeiten er in den letzten Jahren immer wieder neu erforscht hat. Und so brachte er die Kölner Klais-Orgel mit enormem Gefühl dazu, bei seinen Melodien und Klangschichten beseelt zu atmen.
Kit Downes gab Orgelsolokonzerte in der Elbphilharmonie in Hamburg, in der Kathedrale von Lausanne, im Flagey in Brüssel, in der Royal Albert Hall in London und vielen weiteren Spielstätten. Dank der akustischen Eigenheit eines jeden dieser Orte und ihrer so individuellen Orgeln öffnen sich Downes Spielräume, die er kreativ erforscht. So spielte er 2016 in drei englischen Kirchen – der Snape Church of John the Baptist und der Bromeswell St. Edmund Church und der Union Chapel Church in Islington, London. In diesen unterschiedlichen akustischen Räumen und den unterschiedlichen Orgeln entstand seine CD „Obsidian“, auf der ihn als improvisierender Partner Tom Challenger (Tenorsaxophon) begleitet.
In der Kölner Philharmonie als Duopartner im zweiten Teil Ben van Gelder mit seinem Alt-Saxophon. Van Gelder zog mit siebzehn nach New York und verbrachte ein Jahrzehnt damit, mit einigen der fortschrittlichsten Künstler der Welt zusammenzuarbeiten und mit ihnen zu studieren. Er lebt derzeit in den Niederlanden und ist Dozent am Konservatorium von Amsterdam. Kollegen und Kritiker loben ihn gleichermaßen für seinen einzigartigen Sound, seine Lyrik und seine persönliche Herangehensweise an Kompositionen. Seine Musik ist fest in der Jazztradition verwurzelt, umfasst aber auch viele andere musikalische Genres und Disziplinen.
Eigentlich nicht nur Instrument, sondern fast Dritte im Bunde: Die Orgel. Sie fügt sich mit ihren sieben Rundtürmen harmonisch in den Saal der Kölner Philharmonie ein und bildet so das Pendant zur gegenüberliegenden Wendeltreppe. Die Kölner Konzertorgel stammt aus der Werkstatt des renommierten Bonner Orgelbauers Johannes Klais und reiht sich in eine große Familie von Klais-Konzertorgeln ein, wie z. B. im Kulturzentrum Gasteig/München, in der Philharmonie Krakau, in der Symphony Hall in Kyoto sowie in der Petronas Philharmonic Hall der Twin Towers in Kuala Lumpur. Die Zusammenstellung ihrer Register trägt den Anforderungen an eine Konzertorgel besonders Rechnung: Sie kann sowohl als Solo-Instrument erklingen als auch der Begleitung dienen oder sich gegen ein Orchester behaupten.
So wie beim (fast) Solo-Konzert „Kit Downes feat. Ben van Gelder“. Leider vor wenigen Zuschauern – deshalb ist die CD „Obsidian“ mehr als zu empfehlen.