Kein Husten, kein Räuspern, nur Ehrfurcht
Pascal Schumacher auf dem Nordsternturm
TEXT: Barbara Seppi | FOTO: Barbara Seppi
Etwas Faszinierendes haben die Konzerte auf dem Nordsternturm immer – die rauen Wände des ehemaligen Industriestandortes eingetaucht in buntes Licht, das kalte Eisen der alten Seilscheibe, der Blick durch die Fenster auf das Lichtermeer des nördlichen Ruhrgebiets. Aber selten hat eine Musik diese Kulisse so stark in Szene gesetzt wie beim Gelsenkirchener Auftakt des zweiten Halbjahres der Reihe „Fineart-Jazz“.
„Wir wollen zur Profilierung unserer Region immer Einzigartiges, Besonderes präsentieren. Nichts Beliebiges“, sagte Veranstalter Bernd Zimmermann. Sein Angebot am Freitagabend – Pascal Schumacher, eine Deutschlandpremiere. Der luxemburgische Musiker gehört aktuell zu den herausragendsten Vibraphonisten, war weltweit mit internationalen Jazzgrößen in vielen Ensembles und Konstellationen unterwegs. „Jetzt hat für mich eine andere Reise begonnen, das Solo-Programm ist neu. Es ist eine Auseinandersetzung mit mir selbst“.
Vier Schlägel für drei Oktaven metallener Resonanzröhren, dazu ein Glockenspiel, ein kurzes Keyboard und Technik, um Loops oder Verzerrungen durchzuführen. Das waren die Zutaten für eine zarte, intime Reise in das Innere einer Seele. Melodien flossen in Klangwolken durch den Raum, unendliche Schwingungen versetzten die Zuhörer, die sich voll und ganz auf den Künstler einließen, in einen tranceartigen Zustand. Eine Meditation im Stil des Zen-Buddhismus. Schumacher schien entrückt, ganz bei sich, wie ein Kind, das vollends gefangen ist im eigenen Spiel. Stetes Pulsieren einzelner Töne, umspielt von Wellen sphärischer Akkorde. Aus dem Publikum kein „Mucks“, kein Husten, kein Räuspern, nur Ehrfurcht vor dem Erlebnis.
Lob des Künstlers: „Der Raum funktioniert wunderbar“
Die Titel der Stücke, „Apfelbaum“, „Einklang“ oder „Sol“, wie die Note „G“ aber auch die Sonne auf Spanisch, die Schumacher mit einfühlsamer Stimme kurz im Block erklärte, waren gar nicht notwendig, nur Leitfäden einer blühenden Fantasie. „Dieser Raum funktioniert wunderbar“, erklärte Schumacher, auch dank seines exzellenten Tontechnikers Joachim Olaya und dem Lichttechniker Lothar Grabosch von Fineart-Jazz, der gefühlvoll die Wände zu den Klängen in passenden Farbspektren ausleuchtete. Viel Applaus vom ausverkauften Haus für den wahrhaft besonderen Abend. Nach einem Gastspiel in Dorsten kehrt Fineart-Jazz am 25. Oktober auf den Nordsternturm zurück. Dann mit Kiki Manders & Band, einer Sängerin aus den Niederlanden.