Jazzfest Bonn – Norwegian Wood
Ellen Andrea Wang Trio – Marius Neset Quartet
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Walter Schnabel/Lutz Voigtländer
Das letzte Doppelkonzert des Jazzfests Bonn findet in der Bundeskunsthalle statt. Es ist ein norwegischer Abend. Eine junge Sängerin und Bassistin und ein junger Saxophonist mit ihren Bands.
Ellen Andrea Wang Trio
Es gibt nicht viele Bassistinnen im Jazz und noch weniger Bassistinnen, die auch gleichzeitig Sängerin sind. Ellen A. Wang ist eine der wenigen. Sie ist 28 Jahre alt, spielt Bass, singt und komponiert.
Sie spielt im Trio von Dag Arnesen, arbeitet mit Manu Katchè, ist Mitglied der Bands Amherst und White Willow und leitet seit 2013 ihr eigenes Trio. Mit ihrem Trio spielt sie in Bonn ausschließlich eigene Stücke.
Ihre Kompositionen sind von Jazz, Folk und Singer/Songwriter beeinflusst. Das Programm ist durch sehr unterschiedliche Songs geprägt. Sie singt einige Lieder über den Alltag, wie das Stück High Five in dem sie einen frustrierenden Arbeitstag besingt: “Working hard but it`s never enough”. Der Pianist Jon Balke spielt dazu Perkussion und der Schlagzeuger Erland Dahlen ein langes Solo unter Einbeziehung von Glocken und Klanghölzern. Beide Musiker haben einen Namen in der norwegischen Jazzszene. Ein anderes Lied ist der Fähre an ihrem Heimatfjörd gewidmet. Das Lied hat keinen Text, sie singt nur die Gesangslinien. Der Song beginnt als ruhige Ballade und entwickelt sich zu einer temperamentvollen Nummer. Dieser Songaufbau findet sich in einigen anderen Stücken. Im Lied Hold On wird der Gesang von Ellen Wang durch einen Vokoder elektronisch verfremdet. Dem Publikum weiß sie mit ihren Stücken zu gefallen und erhält langen Beifall.
Marius Neset Quartet
Marius Neset – Saxophon, Komposition
Dan Nicholls – Klavier
Phil Donkin – Bass
Joshua Blackmore - Schlagzeug
Das zweite norwegische Konzert spielt der Saxophonist und Komponist Marius Neset mit seiner Band. Er eröffnet mit dem Stück Pinball, in dem Dan Nicholls ein langes Pianosolo spielt. Neset spielt abwechselnd Tenor- und Sopransaxophon. Marius Neset spielt mit hervorragenden britischen Musikern zusammen. Dan Nicholls ist neben Neset der herausragende Instrumentalist. Marius Neset erweist sich wieder als der junge Ausnahmesaxophonist, er spielt großartige Soli, die teilweise extrem lang sind, voller Energie und immer neuen Spielideen. Das Stück Price Ballet von Marius Neset ist ein Teil aus einer Auftragskomposition für das Neujahrkonzert der Kölner Philharmonie. Es enthält ein schönes Duett von Sopransaxophon und Klavier und ein großartiges nicht enden wollendes Tenorsaxophonsolo. Ein eindrucksvolles Konzert. Standing Ovation des Publikums. Als Zugabe spielt das Marius Neset Quartet noch einen Blues. Das Publikum ist begeistert.
Der Bonner Bürgermeister Ashok Shridaran ist nicht nur Schirmherr des Jazzfests und hat eine kurze Rede zur Eröffnung gehalten, er ist auch während des Abschlusskonzertes im Publikum.
Mit diesem besonderem Konzerterlebnis geht das Jazzfest Bonn 2017 zu Ende. Während andere Festivals zurückfahren müssen, ist das Jazzfest Bonn weiter im Aufwind. 23 Konzerte, 11 Doppelkonzerte und eine Einzelkonzert wurden von über 6000 Zuschauern besucht, fast 1000 mehr als noch im Vorjahr. Im Programm waren internationale Stars, wie Brad Mehldau und John Patitucci, Rising Stars wie Marius Neset und Ellen A. Wang, poppiger Jazz wie von Jasmin Tabatabei und der Jazz Kantine aber auch zeitgenössische experimentelle Musik wie vom Christopher Dell Trio und Niels Klein - Tubes and Wires. Die meisten Konzerte waren ausverkauft. Besondere Mühe gibt sich Peter Materna und sein Team bei den Begleitinformationen über die Musiker. Kein anderes Festival informiert sein Publikum so gut, wie das Jazzfest Bonn. Neben dem aufwendig gestalteten und ausführlichen Programmen zu jedem Konzert und einer Begleitzeitschrift, gab es dieses Jahr auch Einführungsveranstaltungen zu den Konzerten, bei denen Rundfunkjournalisten mit den Musikern sprachen, bzw. eine Einführung in deren Musik gaben. Diese Veranstaltungen wurden vom Publikum sehr zahlreich besucht, so waren z.B. über 200 Besucher bei der Einführung zum Konzert des Brad Mehldau Trios in der Bonner Oper. Um dieses Konzert möglich zu machen gab es zum ersten Mal eine Abweichung von Format des Doppelkonzerts und das Mehldau Trio spielte ein gefeiertes Einzelkonzert.
Wir dürfen uns schon auf das Jazzfest Bonn 2017 freuen. Zur Nachbereitung können viele Konzerte im Rundfunk und Fernsehen nachgehört und gesehen werden.
Der WDR Fernsehen hat mitgeschnitten und sendet am 19.6. im Rahmen der Jazzline im
Rockpalast 100 Minuten Highlights der Konzerte.
Sendetermine der Konzerte im Radio:www.jazzfest-bonn.de
Hier weitere Konzertberichte des Jazzfest Bonn 2017:
http://nrwjazz.net/jazzreports/2017/Brad_Mehldau_Jazzfest_Bonn/
http://nrwjazz.net/jazzreports/2017/Rosenwinkel_Hildegard_lernt_Fliegen_Jazzfest_Bonn/
http://nrwjazz.net/jazzreports/2017/Christopfer_Dell_Heiner_Schmitz_Brotfabrik_Bonn/
http://nrwjazz.net/jazzreports/2017/Eroeffnung_Jazzfest_Bonn_im_Telekom_Forum/