Jazzfest Bonn in der Uni
Julia Hülsmann Oktett und Yellowjackets
TEXT: Vera Marzinski | FOTO: Walter Schnabel
Zwei Mal Klangästhetik in der Aula der Uni Bonn. Die Kreative Pianistin Julia Hülsmann mit ihrem Oktett und im zweiten Teil die US-amerikanische Fusionband Yellowjackets entführten in unterschiedliche Sphären.
Eine Pianistin, zwei Streicherinnen (Héloïse Lefebvre – Violine, Susanne Paul - Cello), zwei Frauen in der Rhythmusgruppe (Eva Kurse – Bass, Eva Klesse – Schlagzeug) und drei Stimmen (Live Maria Roggen, Aline Frazão, Michael Schiefel) – das ist das Oktett der gebürtigen Bonnerin Julia Hülsmann. Zwischen Kunstlied und Chanson bewegten sich die drei außergewöhnlichen Stimmen. Roggen mit skandinavischen Folkeinflüssen, die Singer-Songwriterin Frazão stammt aus Angola und Schiefel ist deutscher Jazzsänger mit sehr androgyner Stimme. „Coisário de Imagens“, eine brasilianische Ballade von Rosanne & Zélia, eröffnete den Reigen des außergewöhnlichen Ensembles. Aus deren Feder stammte auch das „Lady Multimelancholia“. Sehr warm und melancholisch.
Das „Come Together“ von den Beatles passte vom Titel her grandios zu dem Oktett, das aus den unterschiedlichsten Richtungen zum Bonner Jazzfest anreiste. Hülsmann war glücklich, dass alle rechtzeitig angekommen waren. Das Beatles-Stück präsentierten sie als sehr gelungenes Cover. Sängerin Aline Frazão steuerte zudem ihr „Tanto“ bei und Live Maria Roggen ihr „Felicia’s Song“. Schiefer zeigte sich als der perfekte Sänger für Ani Di Francos „Up, up, up, up, up, up“. Zu „Walkside“ gab es eine besondere Geschichte. Es ist eine Koproduktion von Hülsmann und Roggen, die eigentlich für ein Quartett vorgesehen war und „Sidewalk“ heißen sollte. Doch ihr Sohn, der damals noch nicht gut Englisch konnte, machte daraus ein „Walkside“. Dabei ist es dann geblieben. Premiere hatte ein ganz neues Stück. Wenn sie einen Text schreiben müsse, hole sie sich gerne Hilfe bei Gedichten, verriet Hülsmann dem Publikum im vollbesetzten Auditorium. Bei „You Come Back – and why are there no more grapefruit“ hatte sie die „manchmal bitterböse“ Margaret Atwood herangezogen. Leicht aggressiv und treibend und dann wieder mit schwebender Leichtigkeit kam das Stück daher. Anspruchsvolle Arrangements der Pianistin Julia Hülsmann sind immer in einem magischen Spannungsfeld. Neu arrangieren wollte sie aber ein Stück nicht, „das muss man so spielen“, betonte Hülsmann: „Your Congratulations“ von Alanis Morissette. Sehr homogen das Zusammenspiel des Oktetts, wenn auch die Leichtigkeit von Hülsmann am Flügel auf der linken Seite der Bühne nicht ganz in der Waage stand mit der Angestrengtheit der Schlagzeugerin Klesse auf der rechten Bühnenseite. Hervorragend die Saiteninstrumente und grandios die Gesangssolisten – ob einzeln oder gemeinsam. Das international besetzte Klangprojekt endete mit „My moon, my man“ und überließ die Bühne den vier Herren aus USA, die in einer vollkommen anderen Welt unterwegs sind.
Alle vier Mitglieder der „Yellowjackets“ sind ausgebuffte Virtuosen ihrer Instrumente. Bob Mintzer ist seit zwei Jahren Chefdirigent der Big Band des WDR – mit der trat er ebenfalls beim Bonner Jazzfest 2019 auf. Die Band ging aus der im Jahre 1978 existierenden Besetzung der „Robben Ford Group“ hervor, die 1981 zu „Yellowjackets“ umbenannt wurde. Russel Ferrante ist als einziges Gründungsmitglied noch dabei. Bob Mintzer kam erst 1990 dazu. In den 40 Jahren haben sie sich stets weiterentwickelt. Bob Mintzer fand „40 Jahre – das ist eine lange Zeit. Irgendwann wird es gut – wir probieren immer noch“. Aber gut waren sie immer schon. Das was die vier Musiker in der Aula der Universität Bonn auf die Bühne brachten war wesentlich mehr als richtig guter Fusion-Sound. Angefangen von „Spirit of the west“ über „Invitable outcome“ und auch „Every one else is taken“ aus ihrer neusten Veröffentlichung „Raising our voice“, bei der Sängerin Luciana Souza mitwirkte. Mit im Bonner Jazzfest Repertoire auch „Freda“ aus dem 1991 veröffentlichten Album „Greenhouse“. Bob Mintzer hier mit einer Mischung aus Bach-Kantaten-Läufen und Irish-Dance-Klängen auf dem Blaswandler (auch Elektronisches Blasinstrument). Seit die in Los Angeles ansässigen „Yellowjackets“ 1981 ihr Debüt-Album aufnahmen, waren sie stets eine kreative Kraft in der Jazzszene. Sie spielen eine einzigartige Mischung aus elektrischem Fusion, souligem Jazz und funkigem R&B. Bob Mintzer (Saxophon, Bassklarinette), Russell Ferrante (Keyboard, Synthesizer), Dane Alderson (Bass) und William Kennedy (Schlagzeug), sind einfach unbeschreiblich gut mit ihrem coolen und entspannten Jazz, der auch schon mal ausufern kann. Wie beim Schlussstück „Why is it“, nach dem natürlich noch ihr „Revolution“ als Zugabe kommen musste.