Bild für Beitrag: Jazzfest Bonn Doppelkonzert  | Dell/Lillinger/Westergaard/Degen - Jacky Terrasson Trio
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Jazzfest Bonn Doppelkonzert

Dell/Lillinger/Westergaard/Degen - Jacky Terrasson Trio

Bonn, 06.09.2021
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Heike Fischer

Peter Materna , dem künstlerischen Leiter des Jazzfest Bonn, ist die Freude über das Konzert mit Publikum förmlich anzusehen. Das Jazzfest Bonn war eines der Opfer des Corona Virus im Kulturbereich. Das Jazzfest im Mai wurde in den Herbst verschoben. Ein Konzert mit der A-Capella-Gruppe Of Cabbages and Kings konnte Open Air im September 2020 stattfinden, dann kam schon der nächste Lockdown. Termine ins Ungewisse verschieben, Veranstaltungsorte an-und abmieten, Musiker*innen ein-und ausladen, Vorverkauf organisieren und stoppen und vieles mehr. Das Team vom Jazzfest ist nicht zu beneiden. Aber nun ein Lichtblick. Seit August konnten nun einige Konzerte stattfinden, wie Iiro Rantala im Beethovenhaus.

Nun gibt es ein Doppelkonzert im Pantheon Theater in Bonn-Beul. Ein großartiges Ambiente. Ein großer Raum der mit Tischen bestückt ist und im Hintergrund erhöht noch zusätzliche Sitzreihen. Eine stimmungsvolle Bar mit einem farbig ausgeleuchteten Flaschenregal, das die Wand bis zur Decke ausfüllt ist an der Stirnseite des Raumes ein besonderer Blickfang. Aber die besonderen Veranstaltungsräume waren schon immer ein Merkmal des erfolgreichen Festivals. Ein anderes Merkmal sind die Doppelkonzerte, auf denen stilistisch sehrunterschiedliche Musiker*innen an einem Abend auftreten.

Im Pantheon findet ein Doppelkonzert von Christopher Dell (Vibraphon), Christian Lillinger (Schlagzeug), Jonas Westergaard (Bass), als Gast der Pianist Bob Degen und dem Jacky Terrasson Trio statt.

Auch Christopher Dell drückte seine Freude aus, das er mit der Band wieder vor Publikum spielen kann und rief das Publikum dazu auf, auf live Konzerte zu gehen und solche großartigen Veranstaltungen, wie das Jazzfest weiter zu besuchen.

In der Band spielt der Schlagzeuger Christian Lillinger, der bei dem dieses Jahr zum ersten Mal vergebenen deutschen Jazzpreis gleich in zwei Kategorien ausgezeichnet wurde, als bester Schlagzeuger und als Musiker des Jahres, national. Am Bass ist der dänische Bassist Jonas Westergaard und besonderer Gast ist der deutsch-amerikanische Pianist Bob Degen.

Bob Degen ist ein ungemein erfahrener Pianist, der Jahrzehnte mit Albert Mangelsdorf und vielen Größen des internationalen Jazz, von Paul Motion bis zu Buddy DeFranco gespielt hat.

Christopher Dell beschrieb die Musik der Band als Third Stream. Eine Strömung die Jazz und klassische Musik miteinander verbindet, allerdings mit Betonung auf Improvisation. Christopher Dell, der auch Musiktheoretiker ist, bezeichnet den so genannten zeitgenössischen Jazz, als eine Form von E-Musik mit hohem improvisatorischem Anteil. Dell stellte auch einen Bezug seiner Musik zu Beethoven her. Besonders das zerbrechen herkömmlicher Formen, verbinde ihn mit dem großen Komponisten. Ohne Beethoven sei gar kein Wagner möglich gewesen.

Während der Lockdown Zeit hat er viel an musikalischen Inhalten gearbeitet. So ist die Musik des Ensembles an diesem Abend motivisch ausgerichtet. Auffällig ist, dass die Musik weniger abstrakt ist, wie man es von der Band gewohnt war und mehr swingte. Ob es am Einfluss von Bob Degen lag, oder ob es in den Kompositionen von Dell schon angelegt ist, bleibt dem Publikum verborgen. Eigentlich war der Avantgarde Trompeter Peter Evans als Gast vorgesehen, stand dann aber nicht zur Verfügung. Wenn Bob Degen seine perlenden Läufe auf dem Klavier spielte, dann kann man sich kaum vorstellen, wie die Musik der Band sich angehört hätte, wenn an seiner Stelle Peter Evans gespielt hätte, der den Klangbereich seines Instrumentes enorm ausgeweitet. Das Publikum hat also mit Bob Degen am Piano eine völlig andere Musik erlebt. Was noch einmal von der Lebendigkeit des Jazz zeugt.

Während die ersten Stück des Ensembles, wie oben beschrieben, etwas ungewohnt waren, bewegte es sich mit dem Stück Skizzen mehr in Richtung Dell/Lillinger/Westergaard. Angerissene Töne, kurze Motive, nur angedeutet und wieder fallengelassen. Das letzte Stück trägt den Titel Superloader, der Titel wirkt wie eine Umkehrung des neuen Modewortes Superspreader. Die Kultur, die Musik setzt der Pandemie Hoffnung, Kreativität und Lebensfreude entgegen.

Das zweite Konzert des Abends spielt das Jacky Terrasson Trio

Der herausragende französisch-amerikanische Pianist spielt mit Sylvain Romano am Bass und dem Kubaner Lukmil Perez am Schlagzeug.Der Bassist Romano hat drei Jahre mit Yusef Lateef gespielt und getourt. Perez ist ein Schlagzeuger mit einem breitem Musikrepertoire das von Jazz, über Funk, Latin, Reggae, Bossa Nova, Soul bis zu Hip Hop reicht. All dies bringt er in sein Spiel ein.

Das Trio ist wahnsinnig eingespielt. Jacky Terrasson, ein wahrer Tasten Wizard, der im Prinzip ohne Pause sein Set durchgespielt hat, fordert von seiner Rhythmusgruppe viel. Aber sie gibt mehr. Terrasson wartet nicht einmal den Beifall nach einem Stück an, sondern spielt sofort weiter. Er hat eine ungeheure Energie. Allein die physische Leistung des Pianisten ist bewerkenswert. Und er macht dabei gute Musik. Die Stücke sind alle von ihm geschrieben, bis auf Cole Porters Klassiker Love For Sale. In seinem Spiel wechselt Terrasson mühelos vom höchsten Tempo zu balladesken Passagen und umgekehrt. Er hat einen kraftvollen festen Anschlag. Er gibt sowohl lyrische Soli zum Besten, als auch tanzbare karibische Musik. Jacky Terrasson lässt sich nicht an Christopher Dells Definition von Jazz als E-Musik mit hohem Improvisationsanteil messen. Er hebt mit seiner Musik die alte Trennung von E-Musik und U-Musik auf. Diese Trennung gibt es in seiner Musik nicht. Ob ein Cole Porter Stück, oder karibische Tanzmusik, nichts ist einfach nur U-Musik sonder gleichzeitig auch E-Musik. Seine Musik ist äußerst unterhaltsam und sein Spiel und seine Setlist zeigen den erfahrenen Entertainer. Aber er macht das alles mit seiner Musik, keine Ansagen, keine Gesten, einfach nur Klavier. Frei nach Frank Zappa beherzigt er den Satz: Shut Up and play piano.

Am Ende Standing Ovation. Das Publikum im Bonner Pantheon ist begeistert und fordert eine Zugabe, die es auch bekommt.

Zwei sehr unterschiedliche Konzert im Rahmen des Jazzfest Bonn, zwei Facetten des modernen Jazz, zwei Temparamente und ein gelungener Konzertabend. Danke an Peter Materna und sein Team.

Infos zum Jazzfest Bonn und weitere Termine:

www.jazzfest-bonn.de


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