Jazzfest Bonn 2017
Brad Mehldau Trio – Magische Momente in der Bonner Oper
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Archivbilder: Imago, Mümpher, Wilson
Keine Bild- und Tonaufnahmen. Das Brad Mehldau Trio will sich ganz auf die Musik konzentrieren. Das Resultat ist ein grandioses Konzert mit nahezu magischen Momenten. Die Bilder und vor allem die Klänge von diesen zwei Stunden Konzert werden das Publikum sicher noch lange begleiten, auch ohne digitale Aufzeichnungen.
Brad Mehldau setzt sich vorgebeugt seitlich auf den Klavierhocker und legt die Handflächen zusammen, ein kurzer Moment der Meditation, des In-sich-Gehens. Larry Grenadier am Bass beginnt zu spielen, dann setzt Jeff Ballard mit dem Schlagzeug ein und nun wendet sich Brad Mehldau dem Flügel zu und fängt mit seinem Spiel an. Das erste Stück ist so neu, dass es noch keinen Titel hat. Sein Spiel ist leichthändig und voller Swing. Seine Mitspieler haben nicht nur eröffnet, sondern erhalten gleich im ersten Stück lange Soloparts.
Das zweite Stück Spiral, das immer wieder in seiner Setlist auftaucht, ist zwar nicht neu aber er hat es bisher noch nicht aufgenommen.
Das Brad Mehldau Trio ist so etwas wie der legitime Erbe des Bill Evans Trios mit Paul Motian und Scott La Faro.
Die romantische Introvertiertheit und das lyrische Spiel, die Bill Evans in den modernen Jazz getragen hat, werden von Brad Mehldau auf geniale Weise weitergeführt. Schon seine Körperhaltung, weit vorgebeugt, etwas in sich versunken, signalisiert Konzentration und Zurückgezogenheit. Diese völlige Konzentration auf die Musik beinhaltet aber auch ein hellwaches Wahrnehmen seiner Mitmusiker.
Neben dem herausragenden Kalvierspiel von Brad Mehldau ist das Konzert durch das traumwandlerische Zusammenspiel des Trios gekennzeichnet. Larry Grenadier, einer der besten Bassisten weltweit in der Jazzszene, zeigt seine Größe nicht nur in seinen Soli, sondern durchgehend im Miteinander der Band. In der Ballade Maury`s Grey Wig, ebenfalls noch nicht veröffentlicht, übernimmt Grenadier die Melodie von Mehldau und führt sie mit dem Bass weiter. Stellenweise klingt sein Spiel wie ein rauer Gesang. Mehldau hat die Melodie mit seiner linken Hand gespielt. Er dreht sich seitlich zum Flügel seinen Mitmusikern zu und spielt mit der linken Hand weiter.
Dann spielt Mehldau ein über zehnminütiges Solo, romantisch, mit Anklängen an Debussy, mit bluesigen Parts, voller Fantasie, Improvisation in der man sich verlieren kann.
Das Publikum in der ausverkauften Oper feiert das Trio und spendet frenetischen Beifall. Das Brad Mehldau Trio gibt drei Zugaben, um dann nach zwei Stunden Konzert noch einige Mal auf die Bühne zu kommen und sich zu verbeugen.
In den Zugaben zeigt Mehldau, wie er bekanntes Material aufgreift und neu interpretiert. So der Standart von Cole Porter It`s Allright With Me. Mehldau spielt ein temperamentvolles Intro für den Song. Hier bekommt auch Jeff Ballard ein langes Schlagzeugsolo. Bisher war er der einfühlsame Pulsgeber, der subtil zurückhaltend sein kann und mit seinen Besen arbeitet, dann auch wieder mit den Stöcken das Trio vorantreibt.
In der zweiten Zugabe spielt Mehldau den balladenhaften Popsong Still Crazy After All These Years. Auch das ist typisch Mehldau, sich in der jüngeren Popmusik zu bedienen. Er hat Songs von so unterschiedlichen Bands wie The Verve, Alice in Chains oder Radio Head als Ausgangsmaterial für seine Kompositionen benutzt.
Die letzte Zugabe klingt mit River Man von Nick Drake aus. Ein grandioses Konzert voller zauberhafter Momente geht zu Ende. Ein Höhepunkt nicht nur des Jazzfests 2017, sondern sicher ein Höhepunkt in den acht Jahren Jazzfest Bonn.
Das Jazzfest Bonn geht bis zum 27. Mai 2017 – es gibt noch Restkarten:
Reviews weiterer Konzerte des Jazzfest Bonn 2017:
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