JazzBaltica am Niederrhein
Das Sommerton-Festival 2017
TEXT: Bernd Zimmermann | FOTO: Bernd Zimmermann
Es ist wieder eine sehr entspannte Atmosphäre beim 6. Sommerton Festival am 14 Kilometer nördlich von Wesel gelegenen Schloss Diersford. Herrliches Wetter, ein wunderbare, an Salzau und das JazzBaltica erinnernde Atmosphäre. Das Programm bunt und hochkarätig besetzt, ein Publikum das sich begeistern lässt und ein nettes, sehr engagiertes Orgateam, das nebenbei großen Wert auf guten Sound und gutes Licht legt. Dieser Mix machte die drei Tage Festivaltage am Niederrhein zu einem aufregend-erholsamen Erlebnis.
Am Tag 1 des Festivals, drei Duos. Vincent Peirani / Emil Parisien aus Frankreich, der Iraner Kayhan Kalhor und der Türke Erdal Erzingcan sowie der spanische Pianist Dorantes mit dem französichen Multiinstrumentalisten auf dem Kontrabass Renaud Garcia-Fons. Sechs Virtuosen - drei Stilrichtungen. Das ist es, was dem Künstlerischen Leiter Wilfried Schaus-Sahm wichtig ist. Vielfalt.
“Belle Époque” nennen Peirani/Parisien ihr aktuelles Programm. Ein kammermusikalischer Dialog bei dem das Saxophon mit dem Akkordeon eine faszinierende, mal verträumte, mal berauschende Symbiose eingeht. Dabei fühlten sich die beiden in Diersfort sichtlich wohl. Und das nicht nur auf der Bühne. Auch nach dem Konzert waren sie noch lange im Vorhof der Burg mit dem Publikum im Gespräch.
Persische Geige und Baglama. Kayhan Kalhor und Erdal Erzingcan sind tief in der Folklore ihres Landes verwurzelt. Kayhan Kalhor, Mitglied von Yo Yo Mas “Silkroad Ensemble” beherrscht die Persische Geige wie kein zweiter und entlockt diesem Instrument auf einem fein und zurückhaltend gesponnenen Klangteppich der Baglama die unterschiedlichsten Klangfarben. Weltmusik auf allerhöchstem Niveau.
Den ersten Abend beschlossen der Stammgast des Sommerton-Festivals, Renaud Garcia-Fons und der spanische Pianist Dorantes. Flamenco und Tango ohne Gitarre und Bandoneon. Geht nicht? Aber wohl. Die beiden ließen mit Piano und Kontrabass die prägenden Instrumente dieser Musikrichtungen völlig vergessen. Nein - nicht so ganz, denn das was die beiden ihren Instrumenten entlockten, klang schon ziemlich ähnlich (CD-Tipp: Dorantes / Renaud Garcia Fons: Paseo a dos).
Den zweiten Tag eröffnete Naemi Waysfield und die Band Bilk. In der traditionellen jüdischen Musik verhaftet kreieren Wayfield und Bilk eine Musik, die sich in den verschiedenen Stilarten bedient.
Hakon Kornstad war allein - auf der Bühne. Mit seinem variablen Saxophonspiel bei dem er sich mit live erzeugten komplexen Loops selbst begleitet begeisterte er zunächst das Publikum, Als er dann noch seine klassissch ausgebildete Stimme zu Gehör brachte, war es um das Diersforter Publikum geschehen.
Den Höhepunkt des diesjährigen Festivals konnte das bis zu diesem Zeitpunkt schon sehr verwöhnte Publikum dann bei der Weltpremiere der eigens für das Sommerton Festival von Michael Wollny und Eric Schaefer geschaffenen Auftragskomposition "Moon" erleben. Ergänzt durch den schweizer Kontrabassisten Christian Weber und das Norwegian Wind Ensemble näherten sich Wollny und Schaefer diesem Thema von verschiedenen Seiten. Dabei wurden nicht nur Science Fiction und Mythen als Projektionsflächen genutzt.
Den dritten Tag bestritt Kjetil Björnstad. Dabei wurde das Publikum noch einmal mit Hakon Kornstad im Duo überrascht.
Das Sommerton Festival hat sich in den letzten Jahren in der Musiklandschaft nicht nur zu einer festen Größe gemausert, vor allem ist es kein Festival von der Stange, weil es sein Publikum jedesmal aufs Neue überrascht. Etwas mehr NRW-Beteiligung darf es aber in Zukunft doch sein.