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Jazz Showcase & International Jazz Meeting in Warschau

Warschau, 22.06.2011
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Christoph Giese

Ihr Gesicht schaut von Litfaßsäulen in der ganzen Stadt. Aga Zaryan ist Jazzsängerin – und ein Star in Polen, wie man zu hören bekommt. Ihre Platten erscheinen auf dem renommierten US-Label Blue Note und für die ganz neue, „A Book Of Luminous Things“, wirbt sie eben auf Litfaßsäulen. Klar, dass Aga Zaryan auch beim ersten Jazz Showcase & International Jazz Meeting in Warschau auftrat. „Don´t Panic! Yass we´re from Poland 2011“ haben die Macher vom Adam Mickiewicz Institut ihre Veranstaltung selbstironisch genannt. Das Institut mit Sitz in Warschau hat sich auf die Fahnen geschrieben, polnische Kultur auf der ganzen Welt zu fördern. Über 3.000 Projekte wurden seit der Gründung des Instituts im Jahre 2000 auf drei Kontinenten bislang angeschoben. Der in die diesjährigen, bereits zum 20. Mal stattfindenden Warsaw Summer Jazz Days integrierte, zweitägige Showcase mit ausschließlich polnischen Künstlern gehörte auch dazu. Die Idee zu diesem Showcase hatte das Adam Mickiewicz Institut, denn die Warschauer Sommerjazztage setzen auf internationale Acts. So spielten in diesem Jahr das Avishai Cohen Trio, Jeff Beck oder Cassandra Wilson im Kulturpalast, dem architektonischen Wahrzeichen Warschaus und immer noch höchstem Gebäude des ganzen Landes.

Zum Showcase: Vier Bands spielten an jedem der zwei Abende im Museum des Warschauer Aufstands, einem beeindruckenden Gebäude. Es befindet sich in einem einem ehemaligen Straßenbahn-Elektrizitätswerk und gibt die die Atmosphäre des aufständigen Warschaus wieder. Unter einer an der Decke hängenden, originalgetreuen Reproduktion eines Liberator B-24 Bombers aus dem Zweiten Weltkrieg spielten sie also, die polnischen Bands. Das Duo „Mikrokolektyw“ etwa. Schlagzeuger Kuba Suchar und Trompeter Artur Majewski bewiesen, dass nur zwei Instrumente durchaus ein ganzes Set lang tragen können. Ein wenig elektronische und gesampelte Unterstützung hatte das Duo dabei, hätte sie aber so manches Mal gar nicht benötigt. Das „Contemporary Noise Sextet“ spielte zwar genau die nicht, aber machte trotzdem viel Freude mit ihren griffigen Stücken Musik und ihrem kraftvollem, rockigem Jazz.

Die sich präsentierenden Bands bewiesen durchweg hohe Musikalität und Geschmack. Aber sie blieben oft nach Beendigung ihrer Auftritte nicht viel länger im Ohr hängen. So erging es nach dem Hören des Quintetts des Bassisten Wojtek Mazolewski, dessen Musik gekennzeichnet war durch feine Grooves vom Bandleader und durchaus inspirierten Soli der beiden Bläser sowie zwischendurch eingestreutem, aber irgendwie auch ein wenig wie Fremdkörper wirkendem, freien Zwischenspiel. Auch „Sing Sing Penelope“, das Bandprojekt des Schlagzeugers Rafal Gorzycki, versteht es Songs prima zu gestalten, aber auch hier fehlte irgendwie das Besondere.

Das bot auch Aga Zaryan nicht. Die Frau kann singen und tat das in Warschau. Elegant, mit warmer Stimme und abseits des Jazzstandardrepertoires weiß die blonde Polin gut zu unterhalten. Aber viel mehr eben nicht. So war es das Marcin Wasilewski Trio, das für den musikalischen Unterschied dieser zwei Tage sorgte. Starke Melodien, die traumhaft unter den drei Musikern ineinander verzahnt weiterentwickelt werden, das subtile, bisweilen traumverlorene Reagieren aufeinander, das so leichtfüßig schwebende Gesamtklangbild, das nie durch ausuferndes Solospiel eingerissen wird, das macht die Kunst von Pianist Marcin Wasilewski, Bassist Slawomir Kurkiewicz und Drummer Michal Miśkiewicz so außergewöhnlich. Auch im polnischen Jazz hängen die Trauben hoch.

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