Jazz, Osteuropa, Orient
Kaleidoskop in der Bleckkirche
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Christoph Giese
Die Bleckkirche im Gelsenkirchener Stadtteil Bismarck ist ein Ort der Begegnung mit Musik: Zum ersten Mal erklang hier Jazz mit Christian Hammer s Band "Kaleidoskop".
Pfarrer Thomas Schöps ist die Freude anzumerken. Die Freude darüber, dass in seiner Kirche in den letzten Wochen doch noch Kultur stattfinden konnte. Wenn auch streng nach den Corona-Vorschriften: Weniger Publikum ist erlaubt, es gibt nicht wie sonst Getränke, die Konzerte sind kürzer und ohne Pause. Alles egal. Was zählt ist dass die Bleckkirche wieder zu einem so einzigartigen Ort in der Stadt wurde für Begegnung und wunderbare Kunst.
Und das galt auch für das letzte Konzert bevor es nun in die Sommerpause geht. Jazz höre er ja privat sehr gern, erzählt Schöps noch seinen Zuhörern in seiner kurzen Begrüßung vor Beginn. Aber in seiner Kirche gab es den erst ein einziges Mal zuvor zu hören. Wobei „Kaleidoskop“, die Band um den Gelsenkirchener Jazzgitarristen Christian Hammer , sowieso mehr ist als eine reine Jazzcombo.
Das inzwischen seit fünf Jahren zusammenspielende Quartett lässt Hammers akustisch geprägten Jazzsound auf einer elektrisch verstärkten Gitarre mit der reichhaltigen Melodie- und Rhythmenwelt Osteuropas und des Orients verschmelzen. Und das auf eine ganz organische Weise.
Der Atem Osteuropas...
Was bei dieser interessanten Mischung besonders angenehm auffällt: Die Themen der überwiegend selbst komponierten Stücke sind herrlich singbar und nisten sich rasch ins Ohr ein. Und dabei paaren sich flirrende, krumme Rhythmen von Fethi Ak auf der arabischen Bechertrommel Darbuka mit viel Groove und Augenzwinkern vom Bassmann und Sousaphonspieler Alex Morsey, den mit dem Atem Osteuropas gespielten warmen, bisweilen hitzigen Saxofonlinien des gebürtigen Ukrainers Dimitrij Markitantov, und den eleganten jazzigen Linien von Christian Hammer s Gitarre zu einem packenden Amalgam.
Und das hat auch immer wieder eine tänzerische Komponente. Wenn man nicht in der Kirchenbank sitzen würde, dann könnte man sich schon zu manchen dieser vitalen Rhythmen bewegen. So krumm sie manchmal auch daherkommen. Aber auch so, beim Zuhören, macht der Abend viel Spaß. Etwa zu sehen, wie Alex Morsey das sperrige Sousaphon so scheinbar leichtfüßig brummeln lässt. Oder wie der in Gelsenkirchen geborene, jetzt in Herten lebende Perkussionist Fethi Ak einen ziemlich belebenden und mitreißenden Trommelwirbel in einem Solo entfacht.
Man spürt auch den Musikern die Lust am Spielen nach ihrer Coroana-Zwangspause an. Und taucht als Zuhörer dann nur zu gerne ein in diese schillernden, vielfarbigen, seelenvollen Klangwelten, ohne sich dabei darin verlieren zu können. Und wird in dem Konzert gegen Ende auch noch nett überrascht, als der Vierer im Stück „La Vie Continue“ des ebenfalls immer gerne mal über den Tellerand des Jazz blickenden Schweizer Trompeters Erik Truffaz mal kurzzeitig Richtung Dub abbiegt.