Bild für Beitrag: Jazz From Hell | Musik der Zeit - Paxton, Zappa, Walshe
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Jazz From Hell

Musik der Zeit - Paxton, Zappa, Walshe

Köln, 05.12.2023
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: WDR

Unter dem Titel "Pinked Dreams" in der Konzertreihe "Musik der Zeit" stellte das WDR Sinfonieorchester unter Leitung von Titus Engel Musik von Jennifer Walshe, Alex Paxton und Frank Zappa vor. WDR 3 übertrug das Konzert live im Radio. Das Konzert bot für die Zuhörenden Licht und Schatten. Frank Zappas Werke klangen zwar etwas gezähmt, aber durchaus sehr hörenswert, während die Werke von Alex Paxton und Jennifer Walshe nur teilweise überzeugen konnten.

Alex Paxton – Od Ody Pink'd für Jazz Musiker und Orchester

Es begann turbulent und wild. Alex Paxton improvisierte schrill auf der Posaune während Jennifer Walshe mit ihrer Stimme einen Text in alle Höhen und Tiefen zerlegte. Dazu spielte das WDR Sinfonieorchester Musik, die ein wenig so klang als sei Richard Strauss ab und zu aus der Spur geraten. Musik, die nach Spätromantik klang mit atonalen Einschüben und Brüchen. Ein verheißungsvoller Einstieg, das Werk mit dem Titel "Pullbackkat Biome-Dunk" machte neugierig. Es folgte "Od Ody Pink'd von Alex Paxton, "Musik für Jazz Musiker und Orchester." Paxton, der selbst bildender Künstler ist, wurde von den Gemälden der französischen Künstlerin Ody Saban inspiriert, die in einem halluzinogenen Stil mit leuchtend bunter Farbgebung malt. Sie malt ihre Bilder rein improvisatorisch ohne eine feste Vorstellung von dem fertigen Werk. Diese Herangehensweise entspricht auch der Kompositionsweise von Paxton. In seinem Werk "Od Ody Pink'd" hat er den Orchesterpart auskomponiert und den Part der Jazzposaune, die er selbst spielte, der freien Improvisation überlassen. In die Orchestermusik hatte er eine ganze Reihe Humoresken eingebaut, aber letztlich klang die Musik mit ihrer melancholischen Grundstimmung nach mehr oder weniger konventioneller Spätromantik. Paxtons freie Improvisationen auf der Posaune bewegten sich von schrillen Free Jazz Passagen bis zu Oldtime Jazz Zitaten. Diese Gegenüberstellung von recht konventioneller Orchestermusik und schrägem Posaunenklang wirkte nicht sehr überzeugend. Der Musik fehlte eine wirkliche Buntheit, wie sie gerade für die Bilder von Ody Saban typisch ist.

Frank Zappa – While You Were Art II aus "Jazz From Hell"

Das Werk "While You Were Art II" ist über mehrere Jahre von Frank Zappa umgeschrieben worden und hat damals einen kleinen Skandal verursacht. Der Ausgangspunkt des Werkes war ein Gitarrensolo von Zappa mit dem Titel "While You Were Out" von 1979. 1983 bat Art Jarvinen Frank Zappa darum ein Arrangement für das Stück für sein Kammerensemble zu schreiben. Zappa besaß damals ein Synclavier, ein rein digitaler Synthesizer, auf dem er das Arrangement schrieb. Als Art Jarvinen die Noten dazu sah, war er besorgt, da es ein schwieriges Stück sei und wenig Probezeit für das Ensemble bliebe. Zappa machte den Vorschlag, die Musik vom Synclavier abzuspielen und die Musiker sollten nur vortäuschen Musik zu machen, also eine Form von Playback. Das ganze funktionierte so gut, dass nicht einmal die Musikkritiker der Los Angeles Presse etwas von diesem Fake bemerkten. Als bekannt wurde, dass die Musiker keine einzige Note auf der Bühne gespielt hatten, gab es einen Skandal. Zappa nannte das Arrangement "While You Were Art" und veröffentlichte es 1986 auf dem Album "Jazz from Hell". Andrew Digby schrieb dazu, mit Genehmigung von Zappas Witwe Gail, basierend auf den original Bändern 2006 eine Orchesterpartitur. Diese Fassung spielte das WDR Sinfonieorchester live ohne Playback. Zappas Werk klang nun nicht gerade wie aus der Hölle, war aber durchaus ein hörenswertes Stück.

Frank Zappa – Revised Music for Low Budget Orchestra Auch dieses Werk von Zappa hat eine längere Entwicklung durchgemacht. Unter dem Titel "Music for Violin and Low Budget Orchestra" hatte Zappa das Stück für den Jazz-Violinisten Jean-Luc Ponty geschrieben, der es auch 1970 veröffentlichte. Acht Jahre später veröffentlichte Zappa auf dem Album "Studio Tan" eine Version mit dem Titel "Music for Guitar and Low Budget Orchestra". Eine andere Fassung entstand bereits 1975, wurde aber erst 2019 veröffentlicht. Ali N. Askin, der Zappas Assistent bei dem "Yellow Shark" Projekt war, schrieb 2000 unter Rückgriff auf die Original-Partituren eine neue Fassung für das Ensemble Modern, welche auf dem "Musik der Zeit" Konzert zu hören war. Askin hat dabei Zappas Gitarrensolo transkribiert und auf Posaune und Geige übertragen. Diese Übertragung war absolut stimmig und gab dem Werk eine besondere Note. Die beiden Zappa Werke waren hörenswert, aber klangen eher konventionell und waren keine Musik, die die Zuhörer*innen provozieren konnte.

Jennifer Walshe – The Site of an Investigation

Die schottische Komponistin, Sängerin und Stimmkünstlerin Jennifer Walshe beschloss den Konzertabend mit einem Werk, in dem sie den Zustand der heutigen Welt untersuchte. Sie selbst trat als Sängerin auf, die an verschiedenen Stellen der Bühne ihre Texte als Sprechgesang, in Liedform oder als Geschrei vortrug. "It's brutal and beautiful...". Von den Superreichen, die für wachsende Armut verantwortlich sind, bis zu Mikroplastik in der Natur und im menschlichen Körper verhandelte sie alle Problemthemen unserer Zeit. Die vorgetragenen Texte wurden auf Bildschirme projiziert, die im Bühnenhintergrund angebracht waren. Das Orchester gab die musikalische Untermalung dazu, von furiosen Tutti, die ihre Deklamationen verstärken sollten, über Windgeräusche bis zu romantischen Orchesterpassagen, die immer wieder gebrochen wurden. In ihr Werk baute Walshe Performance-Elemente ein, wie das Ein- und Auspacken von Paketen, die an die Vernichtung von Waren bei Amazon und anderen Firmen des Versandhandels oder das Auftürmen von Plastikmüll, der dann auf die Bühne geschmissen wurde. Ein Werk mit einem riesigen politischen Anspruch, der künstlerisch nicht eingelöst werden konnte. Jennifer Walshe scheiterte schon mit ihrem Ansatz, alle Probleme der Welt zu behandeln. Das Benennen von wichtigen aktuellen Themen macht noch keine Kunst aus und die kaum gebrochene Darbietungsweise der Themen, die das Publikum direkt auf die Probleme stoßen sollte, sorgte eher für Langeweile. "The Site of an Investigation" war ein Werk, das von seinem Anspruch erdrückt wurde und künstlerisch wenig bot.

Das nächste Konzert der Reihe "Musik der Zeit" findet am 17.01.2024 um 20 Uhr im WDR Funkhaus am Wallrafplatz in Köln statt.

 

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