Jazz entlang des Duffesbachs
Musikalische Radtour beim Jazzclub Hürth
TEXT: Dr. Michael Vogt | FOTO: Klaus Molter
Wie viel für die Kultur vor Ort bewegt werden kann, wenn Kulturvereine und Verantwortliche in Hürth an einem Strang ziehen, bewiesen am Wochenende der Jazzclub Hürth, der Heimat- und Kulturverein Hürth (HKV), das Archiv der Stadt sowie die St. Hubertus Schützenbruderschaft Hürth Hermülheim. In enger Zusammenarbeit mitMichael Cöln, Leiter des Hürther Stadtarchivs, sowie Jürgen Constien, Mitglied im Arbeitskreis Hürther Geschichte des HKV Hürth und ehrenamtlicher Beauftragter der Stadt Hürth für Bodendenkmalpflege, hatten die Organisatoren beider Vereine unter der Federführung des Jazzclubs in sorgfältiger Vorbereitung ein Kulturprojekt zusammengestellt, das nur durch die Synergie vieler Akteure möglich wurde.
Historisch-musikalische Radtour
Unter dem Motto Jazz entlang des Duffesbaches startete die als historisch-musikalische Radtour angekündigte Veranstaltung pünktlich zur Mittagszeit vor der spektakulären Architektur des Feierabendhauses in Hürth Knapsack mit einem Konzert der Formation Duo Arrabalero. Sebastian Reiman (Geige, Bratsche, Trichtergeige) und Sven Jungbeck (Gitarre, Fiddle) machten mit einer spannenden Auswahl an Vorstadtmusik den Auftakt: Klänge und Rhythmen von Tango, Valse, Musette, Gypsy Swing und Bluegrass bis hin zu Folk-Klängen aus Irland, Schottland und Osteuropa stimmten die zahlreichen, mit Fahrrad, Helm und wetterfester Kleidung ausgestatteten Teilnehmer auf die kommende Tour ein. Günter Reiners, Vorsitzender des Jazzclubs Hürth, zeigte sich beeindruck von den Möglichkeiten, die das elegant geschwungene Vordach des futuristischen Gebäudes bietet: „Die Akustik hat selbst bei einem unplugged spielenden Duo hervorragend funktioniert. Auch wegen der launigen Moderation von Sebastian Reimann konnte man sich für die Tour keinen passenderen Start vorstellen!“
Kaum hatte er es gesagt, ging es auch schon in zwei Gruppen los, die jeweils von Michael Cöln und Jürgen Constien fachkundig geführt wurden. Auf gemütlicher Fahrt entlang des Duffesbaches, der nicht nur für das heutige Hürth, sondern auch für die Historie der Stadt Köln eine bedeutende Rolle spielte, erfuhr man nicht nur interessante Erkenntnisse darüber, wie der Bach zu seinem heutigen, menschengemachten Verlauf kam. Themen waren auch seine Nutzung für die Wasserversorgung des antiken Köln sowie seine wirtschaftliche Bedeutung für Ackerbau und diverse Gewerbe in Hürth und Köln. Darüber hinaus konnte man aber auch erfahren, was Knapsack mit dem Heiligen Maternus, den ersten, um 313 erwähnten Kölner Bischof, zu tun hat oder wie Hermülheim zu seinem Namen kam.
Größtenteils in den Untergrund verbannt
Nach nicht allzu langer Fahrt wartete schon die zweite musikalische Station auf die Teilnehmer. Im stimmungsvollen Garten von St. Katharinen, dem ältesten Kirchengebäude der Stadt, in dem sich heute die Musikschule Auftakt befindet, gab es bei Kaffe und Kuchen eingängige Hits, die man gerne im Radio hört – hier allerdings mit samtweicher Stimme und lässiger Gitarrenbegleitung vom Klaßmann-Duo vorgetragen.
Im Anschluss ging es weiter durch Hürth, wobeiman den Duffesbach oft gar nicht zu sehen bekam; schließlich fließt das Gewässer heutzutage größtenteils in den Untergrund verbannt und unbemerkt durch das Stadtgebiet. Halt machten die Radler unter anderem im Burgpark in Hermühlheim, wo die erste von den Römern gebaute Wasserleitung verschiedene Quellen aus dem Hürther Gebiet zusammenfasste, um ihr Wasser nach Köln zu führen. Wo sich das zugehörige Sammelbecken befunden haben könnte, ist bislang noch nicht nachgewiesen. Einer der Höhepunkte war für Freunde der Archäologie vor allem das größte erhaltene Teilstück der römischen Wasserleitung hinter der Hürther Realschule, an der Stefanie Bankert, Untere Denkmalbehörde der Stadt Hürth, über die Bauphasen der Wasserleitung unterrichtete. Interessant war es auch zu erfahren, wie bereits zu Anfang unserer Zeitrechnung solche Großbauwerke in verschiedenen Baulosen errichtet wurden.
Bis auf Kölner Gebiet folgten die Teilnehmer dem Verlauf der Wasserleitung. Im Grüngürtel stand die Besichtigung eines römischen Absetzbeckens auf dem Programm, bevor sich die Teilnehmer auf den Weg zum Vereinsheim der St. Hubertus Schützenbruderschaft machten, wo der krönende musikalische Abschluss des Erlebnisnachmittages auf die Besucher wartete. Freundlich von den Schützen in Empfang genommen sowie mit Grillgut, Salaten und Getränken versorgt, konnten sich die Teilnehmer an der Tour sowie Gäste, die eigens zum Konzert dazustoßen wollten, auf dem Gelände des Schützenheimes an diversen Tischen ausruhen und auf das Konzertprogramm warten, das planmäßig um 19 Uhr begann.
Starke Soli, überbordende Kreativität
Auf der überdachten Bühne spielte das Hürther Jazz Quartett. Die aus Sebastian Reimann (Geige), José Díaz de León (Gitarre), Sven Jungbeck (Gitarre) sowie Max Schaaf (Bass) bestehende Haus-Band des Jazzclubs, begeisterte zuletzt im August 2020 das Publikum im Kultur-Biergarten des Bürgerhauses. Gleich mit der ersten Nummern, der immerhin 103 Jahr alten Ballade „After You've Gone“ (Turner Layton) machten die Musiker einen fulminanten Anfang. Zu den weiteren Höhepunkten des Musikprogramms gehörten mit dezidierter Gypsy-Note gewürzte Klassiker wie „Night And Day“ (Cole Porter), George Gershwins Ballade „Summertime“ oder Jimmy McHughs und Dorothy Fields' Klassiker „I Can't Give You Anything but Love“, in dem die Musiker mit starken Soli, genauem Ensemblespiel, überbordender Kreativität und humorvollen Zitaten glänzten. Das Publikum reagierte begeistert und blieb bis zum letzten Ton der erklatschten Zugabe, obwohl sich am Himmel zwischenzeitlich bedrohlich Wolken aufgetürmt hatten. Aber Petrus meinte es gut mit „Jazz entlang des Duffesbaches“. Der sintflutartige Wolkenbruch, der am Abend über Hürth herunterging, schien eigens darauf gewartet zu haben, dass die Veranstaltung sicher zu Ende gehen konnte.
„Ich freue mich schon auf das nächste Projekt!“
Glücklich und zufrieden zeigte sich entsprechend Günter Reiners auch am Abend: „Ich glaube, es ist wirklich nicht übertrieben, wenn ich sage: Besser hätte es nicht laufen können. Die Rückmeldungen im Laufe des Tages haben mir gezeigt, dass das Konzept hervorragend angekommen ist. Unser Publikum will definitiv mehr und ist sogar mit eigenen Vorschlägen an mich herangetreten. Einer hat mir besonders gut gefallen: Ein Konzert an der alten römischen Wasserleitung. Zusammen mit Stefanie Bankert werde ich definitiv darüber nachdenken, unter welchen Umständen das möglich ist.“Dr. Christian Karaus, Vorsitzender des HKV, lobte die gemeinsame Zusammenarbeit. Sie hat sich für alle gelohnt. Beide Vereine haben ihre Ressourcen gebündelt, um solch ein tolles gemeinsames Projekt zu entwickeln. Diese gegenseitige Wertschätzung der gemeinnützigen Vereine ist genau das, was die Kultur in unserer Stadt braucht.“ Dem schloss sich Günter Reiners gerne an: „Das von so vielen Akteuren geplante und organisierte Projekt „Jazz entlang des Duffesbaches“ ist ein schlagender Beweis dafür, was alles in unserer Region möglich ist, wenn man zusammenarbeitet und zusammenhält. Unter den erschwerten Bedingungen der Pandemie haben wir es zusammen geschafft, ein Konzept zu entwickeln, das Musik, heimatliche Geschichte und sportliche Bewegung zusammengeführt hat.
Umso schöner, dass es eine bleibende Erinnerung an diesen wunderbaren Tag gibt. Das Begleitheft, das wir zu „Jazz entlang des Duffesbaches“ erstellt haben, kann man dazu nutzen, das Thema zu vertiefen und sich in Zukunft auch alleine auf den Weg zu machen, um den Duffesbach zu erkunden. Ein Interview mit Jürgen Constien, ein Gespräch mit Michael Cöln, Abbildungen und Karten weisen den Weg durch unsere Regionalgeschichte. Wenn man das fertige Produkt in Händen hält, kann man nur sagen: Wir freuen uns schon auf das nächste Projekt!“