Bild für Beitrag: JAZZ AUS LUXEMBURG | Ein kleiner Schwerpunkt beim New Colours Festival
Bild für Beitrag: JAZZ AUS LUXEMBURG | Ein kleiner Schwerpunkt beim New Colours Festival
Bild für Beitrag: JAZZ AUS LUXEMBURG | Ein kleiner Schwerpunkt beim New Colours Festival
Bild für Beitrag: JAZZ AUS LUXEMBURG | Ein kleiner Schwerpunkt beim New Colours Festival

JAZZ AUS LUXEMBURG

Ein kleiner Schwerpunkt beim New Colours Festival

Gelsenkirchen, 15.09.2023
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Tim Dickesen

New Colours Festival hat wieder ein breites Spektrum an Jazz in seinem  Programm geboten - aus vielen verschiedenen Ländern, von Österreich und der Schweiz über Belgien, Frankreich und England bis nach Norwegen und Spanien. Aber ein kleines Land wurde am meisten präsentiert: Luxemburg mit drei Konzerten. Seit einigen Jahren ist die Jazzszene in Luxemburg im Fokus seiner Nachbarländer. Allen voran natürlich Frankreich, aber auch in Deutschland wächst das Interesse an Jazz made in Luxemburg. Susanne Pohlen und Bernd Zimmermann, die das New Colours Festival kuratieren, haben schon seit längerer Zeit die Jazzgemeinde in Luxemburg im Blick und besuchen seit Jahren verschiedene Festivals in Luxemburg, von denen sie sehr angetan sind. 

Maxime Bender`s Infinity of Sound – auf den Spuren von Joachim Kühn

Das erste Luxemburg Konzert spielte Maxime Bender`s Infinity of Sound. Der Luxemburger Maxime Bender ist ein in der europäischen Jazzszene bekannter und geschätzter Musiker. Er hat in Luxemburg und Belgien Saxophon studiert, aber auch in Köln, u.a. bei Wolfgang Engstfeld und ist so besonders mit der Kölner Szene verbunden. In seinem Projekt Infinity of Sound hat er hochkarätige Instrumentalisten um sich versammelt. Seine Band ist multinational, aber frankophon, mit Musikern aus Luxemburg, Frankreich und der Schweiz besetzt. Das Konzert fand in Gelsenkirchen im Schloss Horst, dem ältesten Renaissance-Schloss Westfalens  statt. Dieser Ort gibt dem Konzert schon ein besonderes Flair.

Bernd Zimmermann war ein wenig aufgeregt, da auf dieser Bühne auf dem letzten Festival ein ganz besonders eindrückliches Konzert stattgefunden hatte. Ein Solokonzert von Joachim Kühn, kurz nach dem Tod seines Bruders, ein Konzert von unglaublicher musikalischer und emotionaler Dichte und Tiefe.  Joachim Kühn hatte einen Musiker, den Schweizer Schlagzeuger Daniel Humair, genannt, der ihn im Laufe seiner Karriere inspiriert habe und der für seine musikalische Entwicklung wichtig gewesen sei. Kühn lebte, nachdem er aus den USA zurückgekehrt war 1969-1971 und 1984-1993 in Paris. Dort gründete er in den 70ern mit Daniel Humair und Jean-Francois Jenny-Clark ein Trio, das über Jahrzehnte, das führende europäische Jazztrio war. Als die Veranstalter erfuhren, das Maxime Bender in seinem neuen Bandprojekt eben diesen Daniel Humair als Schlagzeuger habe, war klar, diese Band muss auf das Festival kommen. So war der Bogen zu Joachim Kühn geschlagen.

Daniel Humair, der im Mai 85 Jahre alt wurde, war immer noch voller Spielfreude und trieb nicht nur die Band von Maxime Bender voran, sondern trug auch mit seinen Kompositionen, wie “Drumsick 1 und 2, maßgeblich zum Programm der Band bei. Außerdem hatte die Band noch einen außergewöhnlichen Pianisten, den Franzosen Benjamin Moussay, der durch sein expressiv emotionales Spiel, die Band befeuerte. Aber Moussay konnte auch wunderbar lyrische Passagen spielen, die an Debaussy geschult waren, wie in McCoy Tyners “Theme for Nana“. Nicht nur Daniel Humair sorgte für einen treibenden Rhythmus, sondern auch der französische Bassist Stéphané Kerecki. Das trat besonders in Ornette Colemans Stück “Research has no Limit“ hervor. Dort gab es eine lange Passage, in der Maxime Benders Sopransaxophon im Trio mit der Rhythmusgruppe und später dann Benjamin Moussays Piano mit der Rhythmusgruppe spielte. Hier wurden die Qualitäten von Bassist Stéphan Kerecki sehr deutlich. Das Coleman Stück hatte übrigens Joachim Kühn Maxime Bender empfohlen. Kühn hat dieses Stück bei vielen Auftritten gespielt, einige werden sich vielleicht an die Jazz Baltica von 2016 erinnern.

Aber geprägt wird die Band nicht nur von diesen herausragenden Musikern, sondern vor allem auch von Maxime Benders Tenor-und Sopransaxophonspiel. An John Coltrane und in der Folge auch an Michel Brecker geschult, erzählte Bender mit seinen Instrumenten wunderbare Geschichten. Seine langen Soli waren voller musikalischer Ideen und kreisten nie um sich selbst. Bender hat ein Gefühl für Melodien, das ihn auch mit Ornette Coleman verbindet. Neben den manchmal atemberaubenden Soli, der einzelnen Bandmitglieder, stand der Bandsound doch immer im Mittelpunkt. Der Luxemburger Bandleader Maxime Bender und seine hervorragende Band zauberten wirklich eine “Infinity of Sound“.

KLEIN – Jazzfusion mit R&B, Soul und Pop

Die Band um den Keyboarder, Pianisten und Schlagzeuger Jerome Klein spielt im Anschluss an Maxime Bender und beschließt so den Abend. Wenn man Benders Musik als modernen zeitgenössischen Postbob bezeichnen könnte, so wird die Zuordnung von KLEIN schon schwieriger. Das Trio KLEIN macht definitiv groovebasierende Jazzfusion mit vielen Anleihen aus R&B, Soul und Pop. Mit Pol Belardi hat Klein einen Vibraphone- und Keyboardspieler an seiner Seite, der von  Jazz über Electronic Rock bis zu Hip Hop mit allen Genres Vertraut ist. Der Schlagzeuger Benoit Martiny schaut ebenfalls weit über den Tellerrand des Jazz, sein Spiel ist ausgesprochen Rock orientiert.  Mit weiten Melodiebögen, die Jerome Klein teilweise mit verfremdetem Gesang unterstützt, und harten Beats hat die Band einen Sound der manchmal clubtauglich ist. In der Anfangsphase war das Schlagzeug viel zu laut, Keyboard und Vibraphone wurden regelrecht an die Wand gespielt. Später bekommen Piano und Vibraphon mehr Raum. Aber die harten treibenden Beats prägen den Sound ebenso wie die schwebenden Soundclouds, die Jerome Klein an Keyboard und Piano mit Hilfe von viel Elektronik erzeugt. Nicht zu vergessen die Klänge, die Pol Belardi an Vibraphon, Keyboard und Elektronik erzeugt. So entsteht eine Musik, die sich allen Einordnungen immer wieder entzieht. Manchmal klingt sie geradezu schwebend und hymnisch, dann wieder rockig und clubig. KLEIN präsentierten einen ungewöhnlicher Sound. 

LINQ – moderner Fusionjazz im 12/8 Takt 

Die dritte Band aus dem Großherzogtum, das Quintett LINQ um den Bassisten Mateus Wojda, spielte in Dorsten im soziokulturellen Zentrum “Das LEO“, auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Fürst Leopold. Wie schon auf dem ersten New Colours Festival hatte auch dieses Jahr eine junge noch unbekannte Band einen Konzertplatz. LINQ besteht seit einem Jahr und die fünf Musiker kommen alle aus Luxemburg. Auch diese Band spielte eine Form von moderner Jazzfusion.

Die Fusionmusik, die in den 70er und 80er Jahren sehr präsent war, wird gerade von vielen Musikern wiederentdeckt.  Neben dem E-Bass von Mateus Wojda waren in der Besetzung Gilles Greten an der E-Gitarre, Luca Sales Keyboard, Hyung Jin Lee am EWI (Electronical Wind Instrument) und John Wolter am Schlagzeug. Das Konzert klang einwenig anders als ihre sonstigen Konzerte. Der Saxophonist der Band Pierre Cocq-Amann war verhindert und wurde von Hyung Jin Lee ersetzt, der auf dem Konzert EWI spielte. Hier können die erzeugten Töne direkt elektronisch verändert werden. So entstanden sehr spezielle Klänge, mit langen Haltetönen, die sich klanglich zwischen Keyboard und Hawai Gitarre bewegten, manchmal klang das Instrument aber auch wie eine Klarinette. Hyung Jin Lee spielte dieses Instrument, das wie eine klobige Melodica aussieht, überaus virtuos. Die ausladenden Klanggebilde des EWI wurden dann vom Luca Sales am Keyboard aufgegriffen. Auch Luca vertritt ein Bandmitglied, den Keyboarder Pit Dahm. Wobei die beiden Ersatzmusiker ihren Job hervorragend machten. Gilles Greten steuerte Riffs und filigrane Gitarrenläufe zum Bandsound bei. Während LINQ gerade ihre erste Single “12 past 8“ herausbrachte, hat Gilles Greten mit seiner eigenen Band bereits ein Album veröffentlicht. Die Single “12 past 8“ ist von der Band selbst produziert. Natürlich haben sie das Stück auch gespielt. Der Titel gibt die Liebe von Mateus Wojda zu 12/8 Takten wieder.

LINQ spielte komplexen groovigen Fusionjazz, der aber total eingängig war. So passte es auch, dass sie ein Stück von Herbie Hancock im Programm hatten. Nachdem Hancock Titel kam eine weitere Eigenkomposition mit dem Titel “Circus“. Das Stück begann mit kreisenden suchenden Tönen, die dann geradeaus in eine eingängige Melodie führten. Gilles Greten spielte hier eine spannende längere Gitarrenimprovisation. Es folgte noch ein eigenes Stück, das noch keinen Titel hatte und mit einem Keyboard Intro begann. Dann kam die EWI dazu und Mateus Wojda veränderte seinen E-Bass mittlels Elektronik so, dass singende Töne erklangen. Danach spielte Hyung Jin Lee ein langes EWI Solo mit lang gedehnten Tönen. Das Stück wird auf der bald erscheinenden EP der Band sein.  Das Publikum in Dorsten war von der Musik begeistert und forderte, trotz Temperature von über 33 Grad, eine Zugabe.

LINQ ist eine junge Jazzfusion Band, die moderne zeitgemäße Musik macht, die ganz am Anfang ihrer Karriere steht, aber schon zeigt welches Potential in den Musikern steckt. Die drei Bands aus Luxemburg, die sehr unterschiedliche Musik gemacht haben, gaben dem Publikum des New Colours Festivals einen kleinen Einblick in die lebendige Jazzszene unseres Nachbarlandes.  

Bild für Beitrag: JAZZ AUS LUXEMBURG | Ein kleiner Schwerpunkt beim New Colours Festival
Bild für Beitrag: JAZZ AUS LUXEMBURG | Ein kleiner Schwerpunkt beim New Colours Festival
Bild für Beitrag: JAZZ AUS LUXEMBURG | Ein kleiner Schwerpunkt beim New Colours Festival
Suche