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International Jazz Day im Rittersaal – Ein Bekenntnis

Krefeld, 03.05.2019
TEXT: Peter E. Rytz | FOTO: Peter E. Rytz

Es gibt sie immer wieder. Kontraste und Gegensätze, von denen der Volksmund zu sagen weiß, dass sie sich auch anziehen können. Mitunter überraschend, weil sie an diesem Ort zu jener Zeit nicht unbedingt zu erwarten sind.

Seit acht Jahren hat die UNESCO den International Jazz Day ausgerufen. In diesem Jahr beteiligen sich daran 190 Länder; in Deutschland allerdings nur 12 Städte. In Krefeld, nicht unbedingt als Jazz-Hochburg bekannt, engagiert sich seit 40 Jahren der Jazzklub in Sachen Jazz. Eingeladen zu einem Doppelkonzert in den Rittersaal der Burg Linn, bekennen sich die Aktivisten des Jazzklub Krefeld zum International Jazz Day.

Jazz und Rittersaal sind eigentlich schon Kontrast genug. Knarrender Holzfußboden, an den Wänden wertvolle Gobelins aus vergangenen Jahrhunderten: Ein Odem der Geschichte schwebt im Raum, eher düstere Vergangenheit als lichte Gegenwart. Mittendrin begeisterte Jazzkonzertbesucher, die, so scheint es, überwiegend die Jazzklub-Gründergeneration repräsentieren.

Es braucht einige Momente, um Gefühle und Gedanken zu sortieren. Wie wird sich der museale Raum mit weitestgehend improvisierter Musik zu einem Klangraum generieren können? Kurz aufkommende Zweifel, die mit stupenden, lautmalerischen Improvisationspattern des Trios Kaufmann/Gratkowski/de Joode umgehend weggewischt werden. Sie spielen völlig frei, ohne Absprache aus dem situativen Moment heraus. Dialogische Intermezzi voller laut tönender Kraft und Energie im Wechsel mit kammermusikalisch lyrischen Facettierungen.

Frank Gratkowskis Klarinetten- und Saxophonspiel treibt seine Mitstreiter straight ahead vorwärts, bietet fast beiläufig ein Motiv an, verstärkt den Drive und kontrolliert gleichzeitig die Klangfarbigkeit. Gesteuerte Dynamik, die mit ihren deklinierten Improvisationen Grenzen arrondiert und gleichzeitig das freie Spiel regulierend gewissermaßen zu einem Sound-Kosmos einzäunt. Gratkowski schafft mit überblasenen Tönen zusammen mit vokal atmenden Scat-Folgen eine eindrucksvolle Kompaktheit von Ton und Geräusch.

Achim Kaufmann ist am Piano ein extrem aufmerksam Hörender, der kontrapunktisch Motive weiter entwickelt, sie verwandelt und mit neuer Bedeutung aufgeladen zurück spiegelt. Diesem Zusammenspiel sucht Wilbert e Joode mit extraordinären Randtönen, die er durch die Dehnung der Saiten über den Basshals hinaus erzeugt, mit widerständiger Wucht überraschende Betonungen zu geben.

Kaufmann/Gratkowski/de Joode sind, wie sich zeigt, viel mehr als ein Warm-up für die Grand Dame des Jazz-Pianos, Aki Takase. Die Trio-Improvisationen agitato aus dem Moment kontrastiert Aki Takase Japanic – neben Takase Daniel Erdmann (sax), Johannes Fink (b) und Dag Magnus Narvesen (dr) – mit komponierten Line-Konzepten.

Erdmann groovt sich, wie mit seiner Gruppe Velvet Revolution beim Jazzfestival Münster und beim JOE-Festival Essen im Januar diesen Jahres schon zu erleben und fasziniert zu bestaunen, empathisch und kraftvoll zugleich in Takases Taktvorgaben ein. Fink, seit mehr als zwei Jahrzehnten Takases besonderer Bassist, zieht in das Spiel lineare Strukturen ein, betont und verlebendigt den Sound mit Verve. Dem Drum-Spiel von Narvesen wünschte man insgesamt mehr Vitalität. Er ist mehr ein grundsolider, braver Begleiter, als ein voller, Esprit sprühender Mitgestalter.

Wenn Takase sich ans Piano setzt, sind musikalische Eruptionen garantiert. Es überrascht immer wieder, mit welcher Überzeugung diese zierliche Person kraftsprühende Emanationen mit dem Piano erzeugt. Das Besondere ist inzwischen zum Erwartbaren geworden, was nicht ohne Tücken sein kann. Nicht so bei Takase an diesem Abend. Nicht nur ihr Pianospiel ist zu bestaunen. Noch mehr ist eine außergewöhnlich ambitionierte Takase zu erleben, die mit zen-buddhistischer Anmutung dirigiert und motiviert.

Aki Takase Japanic sowie Kaufmann/Gratkowski/de Joode überzeugen als UNESCO-Jazzbotschafter auf der Burg Linn. Ein Geschenk, das sich der Jazzklub Krefeld selbst zum 40. Geburtstag gemacht hat. Der Beifall gibt ihm am Ende mehr als Recht.


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