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Intensiv geteilte Schwingung

Die Uraufführung von ABUNUYA berührte

Marl, 24.11.2022
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Stefan Pieper, Varun Mitra

Der emotionale Sog, in den die Uraufführung von ABUNUYA über 700 Menschen vor und auf der Bühne hinein zog, sprengte alle Erwartungen. Dieses Projekt hat den immensen Mehrwert aufgezeigt, der darin besteht, Wagnisse einzugehen und über Grenzen zu gehen.

„Es ist wirklich etwas neues, als Solist vor einem großen Orchester frei improvisieren zu können. Ich freue mich, dass dieses wunderbare Experiment geglückt ist“ zieht der Pianist Aeham Ahmad sein künstlerisches Fazit, ganz abgesehen von seiner eigenen emotionalen Überwältigung, die auf der Bühne im Marler Theater in jedem Moment spürbar war. Denn Abunuya, konzipiert und in Partitur gesetzt vom Filmkomponisten André Buttler markiert auch eine laute Ansage an den oft erstarrten, ritualisierten Konzertbetrieb von heute. (Man denke doch mal an früher: Auch Franz Liszt oder Mozart improvisierten früher drauflos, da war die Kadenz noch nicht bis auf die letzte Note aus-notiert...

Der Pianist als kunstvoll Singender

Großes Hörkino füllt das Marler Theater, welches auch durch die effektvolle Lichtregie von Melanie Drüke genug „traumhaftes“ Ambiente entfaltet: Mal geben zarte Streicherteppiche Raum für ergreifende Improvisationen von Aeham Ahmad, Beyza Köse auf ihrer Ney-Flöte und des syrischen Oud-Virtuosen Sami Mustafa. Aeham Ahmads Klavierspiel mit seiner lässig-überlegenen Anschlagstechnik strotzt vor Vehemenz und Fantasie - was alleine viele Kollegen seiner Zunft auf Anhieb ziemlich alt aussehen lässt. So viel Erlebtes, Empfundenes, auch Erlittenes gibt es in dieser, „seiner“ Musik zu sagen. Besonders nah kommt diese Musik den Menschen, wenn Aeham Ahmad seine Freiräume improvisatorisch auskostet und nicht selten auch als einfühlsam und kunstvoll Singender zur Höchstform aufläuft. Spontan singt schließlich fast das ganze Theater mit, als er nach ausgedehnten Vokal-Arabesken schließlich in eine direkt zugängliche Melodie einschwenkt. Und ja - das Theater bebt, als es Solist und Orchester in den vielen, rhythmisch treibenden Power-Stücken immer wieder krachen lassen.

André Buttlers Komposition nährt die soziale Erfahrung

Konzerte, die viel künstlerische Perfektion demonstrieren, können eine schöne Sache sein. Noch wertvoller ist es, wenn eine soziale Erfahrung daraus wird. In diesem Sinne hatte André Buttler schon viele Anknüpfungspunkte gesetzt für die anwesende, am Ende minutenlang stehend applaudierende Menschenschar aus unterschiedlichen Altersgruppen und diversen Kulturen. Allein diese bunte, lebendige Mischung aus Menschen zu einem Konzert ins Theater (oder in den letzten Jahren in die Scharoun-Aula) zu bekommen, kann dem alljährlichen Abrahamsfest der CIJAG (Christlich-Islamisch-Jüdische Arbeitsgemeinschaft Marl/Kreis Recklinghausen nicht hoch genug angerechnet werden.

Abunuya „sagt“ durch seine Anspielungen viel: Beethovens „Ode an die Freude“ erhält durch seine Choral-artige Umdeutung eine nachdenklichere Diktion. „Die Gedanken sind frei“ ist eines der wichtigsten Lieder aus dem deutschen Kulturraum, sein Postulat aktueller denn je. Hier darf es sich als kolossaler sinfonischer Satz behaupten. Nach einigen melancholischen Umwegen braust schließlich das Starke, Triumphale darin auf - vielleicht wie im Finale einer monumentalen Film-Inszenierung. „Steigerlied goes Bolero“, ja, auch diese minutenlang ausgedehnte Einlage hat Abunuya zu bieten. Ob André Buttler, 1993 in Gelsenkirchen geboren, damit auf den industriellen Strukturwandel im Ruhrgebiet anspielt?

Der Adrenalin-Kick ließ alle Schwierigkeiten vergessen

75 hochkonzentrierte Minuten ohne Pause, aber dafür mit umso mehr Temperament. Voller Metren- ,Harmonie- und Stimmungswechsel, abwechselnd in westlicher und vmtl. eher „ungewöhnlich“ zu spielender nahöstlicher Harmonik, oft collagenhaft dicht voll lyrischer, dann wieder extrovertierter Parts im fliegenden Wechsel. Für die jungen Musikerinnen und Musiker in der Jungen Vielharmonie der Marler Musikschule müssen die Herausforderungen extrem gewesen sein. Viel Anspannung hatte noch bei der Generalprobe in der Luft gelegen. Bei der Premiere wuchsen dann alle gemeinsam und auf wundersame Weise über sich hinaus: „Die Aufregung vor einem solchen besonderen Ereignis produziert einen starken, produktiven Adrenalin-Kick“ beschrieb Evelyn Fürst-Heck, die seit einem halben Jahr zusammen mit André Buttler die Proben leitete, die Kunst des Loslassens, die vorm Konzert möglich wurde. Soviel zum positiven „Education-Effekt“ einer so aufwändigen Live-Darbietung vor viel Publikum und mit einem internationalen Profimusiker in der Mitte. Übrigens: Orchester-Musizieren inklusive regelmäßiger Konzertauftritte gehört zur Musikschulausbildung in Marl dazu.

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