Spektakulärer Auftritt
Arto Lindsay beim Moers-Festival
TEXT: Bernd Dahms | FOTO: Bernd Dahms
Wer nun brasilianische Musik à la Bossa Nova erwartete wurde schwer enttäuscht, alle Freunde der experimentierfreudigen Gitarren-Sounds kamen jedoch auf ihre Kosten als am Montag Abend des Moers Festivals Arto Lindsay sein Instrument wütend schlug, die Saiten zärtlich streichelte oder auch mal konventionelle mit viel Gefühl zupfte.
Wer genau hinhörte konnte die brasilianischen Einflüsse besonderes der Tropicália-Bewegung der 70er Jahre erkennen, auch wenn Arto diese immer wieder ironisch durch sein brachiales Gitarrenspiel zerstörte um dann mit einem beinahe säuselndem portugiesischen und englischen Gesang wieder zu diesen zurückzukehren. Zwischen seinem 3. und 17. Lebensjahr lebte er schließlich in Brasilien und kam dort mit den Vertretern dieser damals innovativen kulturell-politischen Bewegung wie Gal Costa, Caetano Veloso oder Gilberto Gil in Berührung, die zu jener Zeit die brasilianische Musik stark veränderten und beeinflussten und eine Musik kreierten, die sich unter anderem durch eine Vermischung unterschiedlicher Stile kennzeichnete. Den Free-Jazz und den Punk lernte der 1953 in Richmond, Virginia geborene Klangkünstler dann 1974 in New York kennen, wo er unter anderem mit John Lurie, Bill Frisell, Fred Frith, John Zorn und Bill Laswell in unterschiedlichen Formationen spielte.
Während er bei früheren Auftritten in Moers 2010 mit einem größeren Ensemble, u.a. auch mit Perkussionisten aus dem Bundesland Bahia aus Brasilien auftrat, stand ihm diesmal ausschließlich der Klangkünstler Stefan Brunner zur Seite, der Arto Lindsay bei seinem spektakulären Auftritt unterstützte und dem puren Arto-Lindsay-Sound den richtigen Schliff gab. Der Tropicalismus war nie nur eine Musikrichtung sondern vielmehr eine Lebenseinstellung und ein Konzept. Diese Bewegung kritisierte die Konsummentalität sowie eine Beschneidung politischer Rechte, schließlich entstand sie in den frühen 60er Jahren als Reaktion auf den Militärputsch in Brasilien und die einhergehende repressive Politik. Nicht nur deswegen passte Arto Lindsays Auftritt hervorragend nach Moers, dessen Festival seit der Gründung 1972 sich auch immer als ein politisches verstanden hat.
Noch mehr über das Moers Festival 2024 folgt in Kürze...